Samstag, Dezember 2, 2023

Akute Myeloische Leukämie: Neue Untergruppen

Akute Myeloische Leukämie: Neue Untergruppen für personalisierte Therapie definiert

Eine internationale Forschergruppe um den Ulmer Leukämieforscher Prof. Hartmut Döhner hat in einer wegweisenden Studie 11 Untergruppen der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) aufgrund von genetischen Veränderungen identifiziert. In der hochrenommierten Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ zeigten die Wissenschaftler, dass diese individuellen genetischen Veränderungen unterschiedliche Krankheitsverläufe und Behandlungserfolge erklären können. Die Klassifikation der häufigsten akuten Blutkrebserkrankung im Erwachsenenalter ist ein weiterer Schritt in Richtung personalisierte Krebsmedizin.

Akute Myeloische Leukämie (AML)

Die Akute Myeloische Leukämie (AML) ist die häufigste akute Blutkrebserkrankung im Erwachsenenalter. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine einheitliche Erkrankung: Eine internationale Forschergruppe um Professor Hartmut Döhner, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III, hat in einer bahnbrechenden Studie aufgrund von genetischen Veränderungen 11 AML-Unterformen definiert, deren Prognose sich erheblich unterscheidet. Die neue, in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Klassifikation ist das Ergebnis einer Untersuchung von über 1500 Patienten, die im Rahmen von klinischen Studien der Deutsch-Österreichischen AML-Studiengruppe behandelt wurden.

Bei der Akuten Myeloischen Leukämie gerät die Vermehrung von Blutzellen außer Kontrolle: Anstelle von gesunden reifen Blutkörperchen entstehen unreife „myeloische Blasten“, die die Blutbildung im Knochenmark stören und dadurch lebensbedrohliche Infektionen und Blutungen verursachen können. Die Patienten werden mit einer Chemotherapie und gegebenenfalls einer Stammzelltransplantation behandelt, doch die Heilungschancen variieren sehr stark.

Bei der Entstehung einer AML spielen erworbene genetische Mutationen („Driver Mutationen“) in den Zellen des Knochenmarks eine entscheidende Rolle. In Proben von 1540 AML-Patienten (18-84 Jahre) aus drei klinischen Untersuchungen der Deutsch-Österreichischen AML-Studiengruppe haben die Forscher um Professor Döhner nach solchen Mutationen in 111 „Krebsgenen“ gesucht. Anschließend wurden die Ergebnisse der genetischen Sequenzierung – insgesamt haben die Forscher über 5200 Driver-Mutationen identifiziert – mit dem Ansprechen auf Chemotherapie und der Überlebensrate verglichen.

Die Resultate der bisher umfassendsten Studie ihrer Art erlauben eine Klassifikation der AML-Fälle anhand der gefundenen Mutationsmuster: „Neben den klassendefinierenden Merkmalen beeinflussen aber auch Co-Mutationen und die daraus folgenden komplexen Gen-Geninteraktionen den Krankheitsverlauf erheblich. Die Leukämie-Unterformen auf Basis genetischer Veränderungen sind ein weiterer Schritt in Richtung personalisierte Krebsmedizin“, sagt Professor Hartmut Döhner, Leiter der Deutsch-Österreichischen AML-Studiengruppe. Die Ergebnisse der molekulargenetischen Untersuchung seien ein „Meilenstein“ in der Klassifikation, Diagnose und Therapie der Akuten Myeloischen Leukämie.

Die individuellen genetischen Veränderungen der Patienten erklären unterschiedliche Krankheitsverläufe und Behandlungserfolge. In klinischen Studien kann nun nach den jeweils passendsten Therapien für die Subgruppen gesucht werden: „Auf den ersten Blick scheinen zwei Patienten die gleiche Blutkrebserkrankung zu haben, doch auf genetischer Ebene können sich diese Leukämien erheblich unterscheiden. Diese Unterschiede begründen, warum ein Patient geheilt wird und der zweite bei gleicher Behandlung verstirbt“, erklärt Co-Studienleiter Dr. Peter Campbell vom Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge (UK).

Vertiefende Studien und entsprechende Untersuchungen zu anderen Leukämien sind in Planung. „Zum ersten Mal haben wir die genetische Komplexität der meisten AML-Krebsgenome entschlüsselt und unterschiedliche Wege identifiziert, die zur Entstehung einer Akuten Myeloischen Leukämie führen. Ein tieferes Verständnis dieser Wege führt zu geeigneteren Therapien für den einzelnen AML-Patienten“, resümiert Erstautorin Dr. Elli Papaemmanuil vom Sanger Institute und dem Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York (USA).

Quelle: Elli Papaemmanuil, Ph.D., Moritz Gerstung, Ph.D., Lars Bullinger, M.D., Verena I. Gaidzik, M.D., Peter Paschka, M.D., Nicola D. Roberts, B.Sc., Nicola E. Potter, Ph.D., Michael Heuser, M.D., Felicitas Thol, M.D., Niccolo Bolli, M.D., Ph.D., Gunes Gundem, Ph.D., Peter Van Loo, Ph.D., Inigo Martincorena, Ph.D., Peter Ganly, B.M., B.Ch., Ph.D., Laura Mudie, B.Sc., Stuart McLaren, B.Sc., Sarah O’Meara, B.Sc., Keiran Raine, M.Sc., David R. Jones, M.Sc., Jon W. Teague, B.Sc., Adam P. Butler, B.Sc., Mel F. Greaves, Ph.D., Arnold Ganser, M.D., Konstanze Döhner, M.D., Richard F. Schlenk, M.D., Hartmut Döhner, M.D., and Peter J. Campbell, M.B., Ch.B., Ph.D. Genomic Classification and Prognosis in Acute Myeloid Leukemia. New England Journal of Medicine. DOI: 10.1056/NEJMoa1516192

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