Donnerstag, März 28, 2024

Reisen mit Kindern – vorbeugende Maßnahmen genau kennen

Reisen mit Kindern sollte eine umfassende Beratung zur Prophylaxe von Erkrankungen vorangehen, sowohl Eltern als auch Arzt sollten daran denken.

Kinder sind auf Reisen potenziell einem breiten Krankheitsspektrum ausgesetzt. Das können nicht nur leichte Krankheiten sein, die man in den Griff bekommt. Sondern auch schwere Krankheiten, die einen Krankenhausaufenthalt erfordern können. Wobei eine umfassende Beratung zur Prophylaxe von reiseassoziierter Erkrankungen im Zusammenhang Reisen mit Kindern sicher eine medizinisch wichtige Aufgabe darstellt. Vorausgesetzt die Eltern und der Arzt denken daran. Dabei sollte eine reisemedizinische Beratung noch vor der Wahl des Urlaubsziels stattfinden, um die Kinder nicht unnötigen gesundheitlichen Risiken auszusetzen. Dazu zählt die Auswahl der Regionen einerseits nach der epidemiologischen Situation, andererseits nach der ärztlichen Versorgung vor Ort. Natürlich müssen die empfohlenen Reiseimpfungen erfolgen.

 

Individuell unterschiedliche Bedürfnisse beim Reisen mit Kindern

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Reisen mit Kindern erfordert je nach Alter und Ent­wick­lungsstand die Berücksichtigung individuell unterschiedliche Bedürfnisse. Kinder brauchen genauso wie die Eltern selbst einen guten Grund zu reisen, sind als gleichberechtigte Reisegefährten zu sehen und müssen daher schon bei der Auswahl des Ziels sowie bei der Planung des Ablaufs mitbestimmen können.

  • Säuglinge profitieren in keiner Weise von einer Reise in tropische Regionen, bei Verwandtenbesuch oder Übersiedlung muss in Zusammenarbeit mit Pädiater und Reisemediziner ein Vorsorgeprogramm erarbeitet werden.
  • Kleinkinder müssen nicht primär von Tropenreisen ausgeschlossen werden, die Eltern müssen sich aber Gedanken darüber machen, ob der Aufenthalt in tropischer Umgebung sinnvoll oder nötig ist.
  • Ab dem Schulalter können Kinder mit entsprechender Planung alle Arten von Reise oder Urlaub aktiv mitgestalten.

 

Flug-Reisen mit Kindern

Für Neugeborene kann es bei einigen Fluglinien noch Alterslimits geben, die meisten befördern Passagiere in jedem Alter. Es existiert kein erhöhtes SIDS-Risiko, ein erhöhtes Infektionsrisiko wird unter anderem wegen des engen Raums und der extremen Trockenheit diskutiert.

Zur Vorbeugung von Ohrenschmerzen bei Säuglingen saugen am Schnuller und eventuell abschwellende Nasentropfen, bei Kindern auch Kaugummi verwenden.

Kindersitze. Ab einem Körpergewicht von 20kg sind Kinder in den Erwachsenensitzen mit dem Beckengurt gut gesichert, bis 20kg sollte ein PKW-Kindersitz verwendet werden. Nützlich, einfach und essentiell ist der Rat, Kindern zur Identifizierung im Falle einer akzidentellen Trennung ein Erkennungszeichen mitzugeben, au­ßerdem erscheinen eindringliche Hinweise auf Unfallgefahren sinnvoll, viele in unseren Breiten etablierte Sicherheitseinrichtungen der Fahrzeuge und Gebäude können nicht vorausgesetzt werden.

 

Nahrungsmittelhygiene beim Reisen mit Kindern

Für Säuglinge ist das Stillen die sicherste Ernährung. Wird Fertignahrung verwendet, ist diese unbedingt mit abgekochtem Was­ser (ca. 10 Minuten) unter einwandfreien hygienischen Bedingungen zuzubereiten. Dasselbe gilt für Beikost, sofern sie nicht aus industrieller Produktion stammt. Für Kleinkinder ist das Einhalten der Nahrungsmittelhygiene naturgemäß am schwersten sicherzustellen.

 

Schutz vor Mücken

Perfekt ausgeführte Expositionsprophylaxe kann das Malariarisiko auf bis zu 10% senken. Aber nicht nur die dämmerungsaktive Anopheles-, sondern auch tagaktive Mücken fungieren als Überträger einer Reihe gefürchteter Erkrankungen wie Dengue Fieber, Japanischer Encephalitis, Gelbfieber, Chikungunya usw. Im Allgemeinen sollte helle Kleidung mit langen Ärmeln bevorzugt und die Kleidung mit Permethrin imprägniert werden. Das Meiden der Dämmerung stellt keinen ausreichenden Schutz vor Virusinfekten dar. Kinder bis zu einem Alter von ungefähr sechs Monaten bleiben unter dem Moskitonetz, im Schlaf ist das Moskitonetz für jeden hilfreich, es sollte mit Permethrin behandelt sein. Repellents sollten vor allem bei Kindern nur auf die unbedeckte Haut aufgetragen werden, das Kind sollte das nicht selbst machen.

 

Schutz vor Tieren

Nicht nur Tollwut, die bei Kindern weltweit die höchste Inzidenz aufweist, ist zu befürchten, auch Bisse oder Kratzer durch nicht tollwütige Haus- oder Wildtiere stellen eine beträchtliche Quelle von Morbidität dar, nicht zuletzt durch mögliche bakterielle Infektionen. Es ist also dringend zu raten, Kinder sowohl von Wildtieren, als auch von Haustieren fernzuhalten. Denn sie könnten sich schon beim Streicheln mit den Erregern infizieren.

 

Sonnenschutz beim Reisen mit Kindern

Kinder jeden Alters, je jünger des­to strenger, brauchen dauerhaft Schutz vor der direkten Sonneneinstrahlung. Das bedeutet ein obligates Tragen von Kappen mit großem Schirm oder Hut, hellem T-Shirt, Aufenthalt möglichst nur im Schatten von Bäumen oder Gebäuden. Außerdem muss wasserfestes Sonnenschutzmittel mit hohem Schutzfaktor auch unter der Kleidung aufgetragen werden. Ausdrück­lich zu empfehlen ist, zur Sicherung der Hautverträglichkeit, ein gewohntes Präparat zu verwenden.

 

Malariaprophylaxe

An dieser Stelle soll noch einmal auf die Expositionsprophylaxe hingewiesen werden, die eine bis zu 90%ige Reduktion des Risikos bewirken kann. Zur medikamentösen Malariaprophylaxe gibt es mehrere Zugänge, die sich aus Faktoren wie der epidemiologischen Situation in den bereisten Regionen, dem vorherrschenden Erregertyp mit Resistenzlage, dem Alter der Reisenden, eventuellen Grunderkrankungen und Unverträglichkeiten sowie dem Reisestil erarbeiten lassen. Gerade hier kommt es auf den persönlichen Zuschnitt auf den Reisenden an, die individuelle Beratung beim Reisemediziner des Vertrauens ist unumgänglich.

 

Reisediarrhoe

Es wurde im Rahmen der allgemeinen Prophylaxe bereits besprochen, dass Nahrungsmittelhygiene bei Kindern besonders schwer zu gewährleisten ist. Auf der anderen Seite erkranken Kinder, je jünger, desto schwerer an Enteritis. Als wichtigste Therapiemaßnahme gilt die Flüssigkeitssubstitution, wenn möglich peroral. Falls diese wegen Erbrechens nicht durchführbar ist, ist bei unzureichender medizinischer Versorgung ein Tropfclysma zu erwägen.

Eine antibiotische Therapie der ­Reisediarrhoe ist meist nicht nötig, außer bei invasiver ­Erkrankung. Für das Erregerspektrum und die Resistenzsituation passend sind von den für Kinder ­zugelassenen Antibiotika am ehesten Azithromycin, Cefpodoximproxetil oder Cefuroximaxetil.

Rifaximin, ein nicht resorbierbares Rifamycinderivat ist in der Kinderformulierung als Saft noch nicht zugelassen, bei invasiven Enteritiden außerdem nicht indiziert. Eine Darmmotilitätshemmung mittels Loperamid ist bei Kindern nicht anzuwenden.

 

Impfungen

Natürlich sind ausständige Impfungen der allgemeinen Impf­empfehlungen zu vervollständigen, dabei ist es sinnvoll, einzelne Impfungen, deren entsprechende Erkrankungen im Zielland endemisch sind, vorzuziehen, insbesondere bei längerer Abwesenheit.


Literatur:

Leuthard D. Management of Children with Travel-related Illness Evaluated in a Pediatric Emergency Room. Pediatr Infect Dis J. 2015 Dec;34(12):1279-82. doi: 10.1097/INF.0000000000000890.


Quelle: Reisen mit Kindern. Dr. Johann Sommer. MEDMIX 4/2008.

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