Freitag, April 19, 2024

Rechtliche Situation von Cannabis in Österreich

Die rechtliche Situation von Cannabis und seinen Reinsubstanzen ist in der österreichischen Suchtmittelgesetzgebung detailliert geregelt.

Durch eine Ausnahmeregelung ist die rechtliche Situation von Cannabis in Österreich für den medizinischen Einsatz von cannabisbasierten Arzneimitteln klar. Die Aufnahme von Cannabis in den Anhang I der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961 der Vereinten Nationen führte dazu, dass sowohl die arzneiliche Verwendung als auch die Erforschung von Cannabis für viele Jahre weitgehend zum Erliegen kam: In diesem Anhang sind nicht verkehrsfähige Suchtstoffe mit höchstem Abhängigkeitspotential wie z.B. auch Heroin oder LSD aufgelistet. Mittlerweile wird die arzneiliche Verwendung von Cannabis weltweit wieder vermehrt untersucht.

 

Rechtliche Situation von Cannabis unterliegt der Suchtmittelgesetzgebung

Die Verschreibung von Cannabis (definiert als Blüten- und Fruchtstände von Cannabis sativa L.) ist laut Österreichischer Suchtmittelgesetzgebung in Österreich verboten (Nicht verkehrsfähige Suchtstoffe nach SMG §2 Abs. 1 und Suchtgiftverordnung Anhang I.1.a: Cannabis [Marihuana] Blüten- oder Fruchtstände der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, denen das Harz nicht entzogen worden ist). In der Suchtgiftverordnung gibt es allerdings die Ausnahmeregelung für die Verschreibung von zugelassenen Arzneispezialitäten aus Cannabisextrakten sowie für den Wirkstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), isoliert aus Cannabisextrakten für die magistrale Zubereitung. Laut Suchtgiftverordnung § 14 dürfen folgende Substanzen nicht verschrieben werden:

  1. Suchtgifte in Substanz;
  2. Arzneimittel, die mehr als ein Suchtgift enthalten, ausgenommen zugelassene Spezialitäten;
  3. Zubereitungen aus Heroin, Cannabis, Cocablättern, Ecgonin und den im Anhang V der Verordnung angeführten Stoffen. Ausgenommen sind:
    a) Zubereitungen aus Cannabisextrakten, die als Arzneispezialitäten zugelassen sind,
    b) Der aus Cannabisextrakten isolierte Wirkstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol mit einem standardisierten Reinheitsgrad von mehr als 95 Prozent für magistrale Zubereitungen.

 

Verfügbare cannabisbasierte Arzneimittel in Österreich

Dem medizinischen Einsatz Cannabis basierter Arzneimittel steht das Suchtmittelrecht nicht entgegen. Der Wirkstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) wurde im Zuge des Beitritts Österreichs zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über psychotrope Stoffe dem Anhang IV der Suchtgiftverordnung unterstellt und steht damit weiterhin zur Verfügung – etwa für die magistrale ärztliche Verschreibung, wobei kein spezielles Anwendungsgebiet anzugeben ist.

Aktuell sind verschiedene standardisierte Cannabinoid-Medikamente mit gut belegter Wirksamkeit in Österreich zugelassen:

Dronabinol (= internationaler Freiname für Delta-9-Tetrahydrocannabinol [THC]): Dabei handelt es sich um ein natürliches, psychoaktives Cannabinoid der Hanfpflanze und den pharmakologisch wichtigsten Cannabisinhaltsstoff. THC wurde erstmals in den 1960er Jahren aus Cannabis isoliert. Die Erstzulassung des synthetisch hergestellten Arzneistoffes THC erfolgte 1985 in den USA.

Der halbsynthetisch hergestellte Arzneistoff Dronabinol (THC) ist seit 2004 als Rezepturarzneimittel in Österreich verordnungsfähig. Seit 2015 ist auch natürliches, aus Cannabisextrakt isoliertes Dronabinol mit einem standardisierten Reinheitsgrad von > 95 % für magistrale Zubereitungen ärztlich verschreibungsfähig (Kapseln zu 2,5 mg, 5 mg und 10 mg und 2,5 %ige, 5 %ige ölige Lösung). Die Monographie im Deutschen Arzneimittel Codex (DAC) stellt die Qualität des Rezepturarzneistoffes sicher. Als Vorteile sind die exakte und reproduzierbare Dosierbarkeit, die exakte Titrierbarkeit der individuell adäquaten Dosis für eine Dauertherapie sowie die Qualität und einfache Anwendbarkeit von Dronabinol hervorzuheben.

Nabiximols ist eine als Arzneistoff verwendete Extraktmischung aus den Blättern und Blüten der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.) und enthält jeweils standardisierte Gehalte an Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Nabiximols in ethanolischer Lösung ist als Sublingualspray in Österreich seit 2012 der ärztlichen Verschreibung zugänglich (Ein Sprühstoß [100 Mikroliter Spray] enthält 2,7 mg THC, 2,5 mg CBD sowie 40 mg Ethanol).

Nabilon ist ein vollsynthetisches THC-Analogon; das Arzneimittel ist in Kapselform mittels ärztlicher Verschreibung erhältlich; es unterliegt in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz.

Cannabidiol (CBD) ist ein natürliches Cannabinoid, nicht psychoaktiv und unterliegt daher nicht den suchtmittelrechtlichen Vorschriften. CBD ist derzeit in Österreich eine Rezeptursubstanz für die Herstellung von Lösungen und Kapseln in der Apotheke; für die Sicherstellung der Qualität der Rezeptursubstanz gibt es seit 2016 eine Monographie im DAC. CBD ist seit Herbst 2016 in Deutschland als Arzneimittel verschreibungspflichtig. CBD befindet sich derzeit als Fertigarzneimittel in klinischer Entwicklung mit Orphan Drug Designation von FDA und EMA.

Wissenschaftliche Evidenz

Die Frage des medizinischen Einsatzes von Cannabis (Blüten- und Fruchtstände von Cannabis sativa L.) und damit in Verbindung die Änderung der Rechtslage ist ausschließlich anhand der wissenschaftlichen Evidenz zu beurteilen. Cannabinoide (Dronabinol, Nabiximols, Nabilon und in Bälde auch CBD-haltige Arzneimittel) stehen in Österreich für Patienten zur Verfügung. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Produkte, die ihre Wirksamkeit und arzneimitteltechnische Sicherheit bereits bewiesen haben. Hingegen gibt es keinen Beweis dafür, dass die medizinische Wirkung von Cannabis oder Marihuana besser wäre als die bereits verfügbaren therapeutischen Cannabinoid-Reinsubstanzen. Insbesondere fehlt der wissenschaftliche Nachweis der Vorteile von Marihuana im Vergleich zum Wirkstoff Dronabinol, dessen Wirksamkeit bei einigen Indikationen durch Studien und medizinische Erfahrung sehr gut dokumentiert ist. Die Sicherheit der Therapie ist hoch – bisher wurde weltweit kein Todesfall im Zusammenhang mit einer Cannabinoid-Behandlung dokumentiert. Im herkömmlichen Dosierungsbereich treten kaum Nebenwirkungen auf.

Quelle:

Rechtliche Situation von Cannabis – gesetzliche Rahmenbedingungen in Österreich, Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA, Department für Pharmakognosie, Universität Wien

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