Mittwoch, April 24, 2024

ÄrztInnen in der Verwandtschaft

Medizinstudierende sowie Studierende der Psychologie und Psychotherapie haben in Österreich häufig ÄrztInnen in ihrer Verwandtschaft.

In Österreich haben nicht nur Medizinstudierende, sondern auch Studierende der Psychologie gehäuft ÄrztInnen in ihrer Verwandtschaft – das konnten Ulrich Tran und Martin Voracek von der Fakultät für Psychologie an der Universität Wien herausfinden. Unter den Studierenden beider Studienrichtungen finden sich zudem auch öfter Verwandte in den Berufsfeldern Psychologie und Psychotherapie. Die im Fachblatt „BMC Medical Education“ publizierte Studie beruht auf Zensusdaten und ist das Ergebnis einer erstmaligen Forschungskooperation aller öffentlichen Universitäten in Österreich, an denen Psychologie und Medizin gelehrt wird.

Internationale Studien zeigen seit langem, dass Studierende der Medizin häufiger ÄrztInnen in ihrer Verwandtschaft haben. Oft ist ein Elternteil, überwiegend der Vater, selbst in der ärztlichen Profession tätig. ÄrztInnen kommen aber nicht nur in den Familien von Medizinstudierenden, sondern auch in den Familien von Psychologiestudierenden gehäuft vor. Studierende beider Studienrichtungen haben auch häufiger Verwandte im Bereich Psychologie und Psychotherapie. Die aktuelle Studie belegt damit nun erstmals österreichweit starke Verbindungen der drei Fächer Medizin, Psychologie und Psychotherapie unter angehenden ÄrztInnen und PsychologInnen. „Diese drei Fachbereiche weisen nicht nur inhaltliche Überschneidungsbereiche auf, sondern offenbar auch eine familiäre Nähe“, so die Studienleiter Ulrich Tran und Martin Voracek.

Entgegen früherer Befunde verdeutlichen die Ergebnisse auch, dass sich die Verwandtschaftsverhältnisse weiblicher und männlicher Studierender in Österreich nicht sonderlich unterscheiden. Bisherige Studien legten nahe, dass das Phänomen der familiären Häufung insbesondere männliche Studierende betrifft und im Prestige der medizinischen Profession und der innerfamiliären Bevorzugung von Söhnen gegenüber Töchtern begründet sein könnte. „Ein solcher Gender Bias ist den aktuellen Daten nicht zu entnehmen“, so Tran und Voracek.

 

Nutzen für Studienberatung und Gestaltung von Studieneingangsphasen

Das Vorhandensein von Ärzten in der Familie kann sich positiv auf den Studienerfolg auswirken, unter anderem durch ein besseres Abschneiden in Aufnahmetests, geringere Abbruchquoten oder einen schnelleren Studienfortschritt. „In unseren Daten waren Studierende mit Verwandten in der Medizin und Psychotherapie im Schnitt etwas jünger als Studierende ohne. Sie haben sich also früher für den Beginn ihres Studiums entschieden, vermutlich weil sie über mehr studienrelevante Informationen verfügten“, führen Tran und Voracek weiter aus.

Dieser Informationsvorsprung könnte für die Gestaltung von Studieneingangsphasen genutzt werden: Studierende mit diesem familiären Hintergrund könnten beispielsweise für andere StudienanfängerInnen als MentorInnen fungieren. Der familiäre Hintergrund könnte aber ebenso in der Studienberatung Berücksichtigung finden. „Diese MentorInnen könnten berücksichtigen, dass ein familiärer Hintergrund Studierende auch in ein Fach drängen kann, das sie selbst nicht interessiert. Das kann Betroffene vor einer unpassenden Studienwahl bewahren“, erklären Tran und Voracek.

An dieser Kooperation von ForscherInnen aller öffentlichen Medizinischen Universitäten und psychologischen Universitätsinstitute und Fakultäten in Österreich hat ein interdisziplinäres Team mitgewirkt: im Bereich Psychologie Ulrich Tran, Martin Voracek und Nina Berger von der Universität Wien, Tobias Greitemeyer von der Universität Innsbruck, Florian Hutzler von der Universität Salzburg, Ilona Papousek und Martin Arendasy von der Universität Graz sowie Oliver Vitouch von der Universität Klagenfurt. Im Bereich Medizin waren Monika Himmelbauer (Wien), Hans-Georg Kraft (Innsbruck) und Karl Oettl (Graz) beteiligt.

Publikation in „BMC Medical Education“

Unto the third generation: Evidence for strong familial aggregation of physicians, psychologists, and psychotherapists among first-year medical and psychology students in a nationwide Austrian cohort census. Ulrich S. Tran, Nina Berger, Martin E. Arendasy, Tobias Greitemeyer, Monika Himmelbauer, Florian Hutzler, Hans-Georg Kraft, Karl Oettl, Ilona Papousek, Oliver Vitouch & Martin Voracek. BMC Medical Education, 17, 81, 2017.
doi: 10.1186/s12909-017-0921-4
https://bmcmededuc.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12909-017-0921-4

Related Articles

Aktuell

Kombination von Azelastin und dem Nasenspray Fluticason bei allergischer Rhinitis

Die Kombination von Azelastin und dem Corticoid-Nasenspray Fluticason kann die Symptome einer allergischen Rhinitis deutlich verringern. Allergische Rhinitis, oft gekennzeichnet durch Symptome wie Niesen, Nasenjucken,...
- Advertisement -

Latest Articles

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...

Terpene und Cannabinoide in Cannabis sativa, dem Hanf

Cannabis sativa, der Hanf-Pflanze, und seine medizinische Bedeutung – ein Überblick über Terpene und Cannabinoide. Cannabis sativa, allgemein bekannt als Hanf, zählt zu den ältesten...