Freitag, April 19, 2024

Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln

Die Bedeutung der Leitlinie liegt darin, dass sie auf das Problem Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln aufmerksam macht und und auch Ärztinnen und Ärzte für das Problem sensibilisiert.

Die weltweite Prävalenz von Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH) liegt zwischen 0,7 % und 1 %. Die Behandlung verursacht dabei hohe gesellschaftliche Kosten. Beispielsweise sind diese dreimal höher als die der episodischen Migräne. Experten haben nun unter der Leitung von Hans-Christoph Diener, Abteilung für Neuroepidemiologie, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE), Universität Duisburg-Essen, sowie Prof. Dr. Peter Kropp, Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universitätsmedizin Rostock, die S1- Leitlinie Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln  aktualisiert und publiziert.


Migräne mit Aura oder Schlaganfall – Symptome unterscheiden

Bereits vor Jahren haben Experten vermutet, dass die beiden neurologische Erkrankungen Migräne und Schlaganfall in Zusammenhang stehen. © peterschreiber.media / shutterstock.com
Bereits vor Jahren haben Experten vermutet, dass die beiden neurologische Erkrankungen Migräne und Schlaganfall in Zusammenhang stehen. © peterschreiber.media / shutterstock.com

Massive Kopfschmerzen können auf Migräne mit Aura oder Schlaganfall hinweisen, wobei man die Symptome klinisch nicht immer eindeutig unterscheiden kann. Mehr dazu unter https://medmix.at/migraene-oder-schlaganfall/.


Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH)

Verschiedene neue Erkenntnisse machten die Überarbeitung der Leitlinie Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln aus dem Jahr 2018 notwendig. Denn die Klassifikation der Kopfschmerzen durch die International Headache Society (IHS) hatte verschiedene Medikamente, die einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache, MOH) hervorrufen können, weiter spezifiziert.

Darüber hinaus zeigte sich, dass die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor wie Topiramat und Onabotulinumtoxin A nicht nur in der Prophylaxe der chronischen Migräne wirksam sind. Sondern sie helfen auch bei Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln. Die Leitlinienautorinnen und -autoren betonen aber, dass nicht medikamentöse Maßnahmen die medikamentöse MOH-Prophylaxe ergänzen müssen. Die größte Gefahr eines Rückfalls besteht übrigens im ersten Jahr nach einer Medikamentenpause oder einem Medikamentenentzug.

Man spricht von Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln, wenn an über 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten. Und wenn man diese über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten mit einem oder mehreren Schmerzmedikamenten behandeln muss. Für Triptane ist die Einnahme an mehr als 10 Tagen im Monat zur Stellung der Diagnose Voraussetzung.


Curcumin und Omega-3-Fettsäuren wirken bei Migräne gegen häufige Attacken

Curcumin ist der wichtigste Bestandteil von Kurkuma. © dreamsfolklore / shutterstock.com
Curcumin ist der wichtigste Bestandteil von Kurkuma. © dreamsfolklore / shutterstock.com

Die entzündungshemmenden Wirkungen von Curcumin und Omega-3-Fettsäuren helfen bei Migräne, die Häufigkeit von Migräneattacken zu verringern. Mehr dazu siehe https://medmix.at/curcumin-omega-3-fettsaeuren-migraene/.


Risikofaktoren für einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

Die wichtigsten Risikofaktoren für einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln sind laut Leitlinie vorbestehende primäre Kopfschmerzen. Beispielsweise Migräne oder Kopfschmerz vom Spannungstyp. Weitere Risikofaktoren sind

  • weibliches Geschlecht,
  • mehr als 10 Kopfschmerztage pro Monat,
  • niedriger sozialer Status,
  • andere chronische Schmerzerkrankungen,
  • Stress,
  • körperliche Inaktivität,
  • Übergewicht,
  • Rauchen,
  • abhängiges Verhalten sowie
  • psychiatrische Erkrankungen wie Depression oder Angsterkrankung.

 

Update zur MOH-Behandlung

Unter dem Strich bietet die Leitlinie auch ein Update zur Therapie, die in mehreren Stufen erfolgen sollte. Die Erfolgsrate einer solchen gestuften Therapie beträgt nach 6 bis 12 Monaten etwa 50–70 %. Vor allem bei Patienten mit Übergebrauch von Opioiden besteht eine hohe Rückfallrate.

Man sollte jedenfalls Betroffene mit Übergebrauch von Medikamenten (Medication Overuse = MO) oder mit Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Medikamenten (Medication Overuse Headache = MOH) zunächst über die Beziehung zwischen häufiger Einnahme von symptomatischer Kopfschmerzmedikation und Chronifizierung der Kopfschmerzen aufklären. Ziel ist, die Einnahme von Akutmedikation zu reduzieren und zu limitieren.


Magnesium vorbeugend gegen Kopfschmerzen und Migräne

Magnesium unterstützt die Patienten mit Migräne und Kopfschmerzen. © Maridav / shutterstock
Magnesium unterstützt die Patienten mit Migräne und Kopfschmerzen. © Maridav / shutterstock

Durch regelmäßige zusätzliche Einnahme von Magnesium können Patienten mit Kopfschmerzen und Migräne Stärke und Dauer der Beschwerden lindern. Mehr dazu siehe https://medmix.at/magnesium-vorbeugend-gegen-kopfschmerzen-und-migraene/.


Prophylaxe

Topiramat, OnabotulinumtoxinA und die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor können auch während eines bestehenden Medikamentenübergebrauchs wirksam sein. Bei Patienten mit Kopfschmerz vom Spannungstyp erfolgt die medikamentöse Prophylaxe mit Amitriptylin. Die medikamentöse Prophylaxe soll durch nicht medikamentöse Maßnahmen ergänzt werden.

Bei Betroffenen, bei denen Edukation und medikamentöse Prophylaxe nicht ausreichend sind, erfolgt alternativ eine Medikamentenpause. Wobei man diese je nach Konstellation ambulant, tagesklinisch oder stationär durchführen sollte.

Bei Betroffenen mit Kopfschmerz durch Übergebrauch von Opioiden sollte eine stationäre Entzugsbehandlung durchgeführt werden.

Zur Behandlung von Entzugssymptomen oder Kopfschmerzen während der Medikamentenpause werden trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika (Antiemetika) und die Gabe von Steroiden empfohlen. Eine konsequente Patientenedukation sowie weiter eine engmaschige Betreuung reduzieren das Risiko eines Rückfalls.


Wirkungen von Mutterkraut helfen vorbeugend gegen Migräne

Zubereitungen aus Mutterkraut kann vorbeugend gegen Schmerzen und Beschwerden durch Migräne wirken. © alybaba / shutterstock.com
Zubereitungen aus Mutterkraut kann vorbeugend gegen Schmerzen und Beschwerden durch Migräne wirken. © alybaba / shutterstock.com

Mutterkraut soll helfen, bevor Migräne-Schmerzen auftreten die Erweiterung der Blutgefäße hemmen und dadurch Schmerz verursachende Entzündungen verhindern. Mehr dazu unter https://medmix.at/mit-mutterkraut-raus-aus-der-migraene-falle/.


Literatur:

Diener H.-C., Kropp P. et al. Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH). S1-Leitlinie, 2022; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...