Donnerstag, März 28, 2024

Parasitentherapie mit der aus Parasiten-Larven gegen Allergien

Parasiten-Larven gegen Allergien: Parasitentherapie mit dem Wirkstoff Hpb-Glutamat Dehydrogenase dämpft schädliche Immunreaktionen des Immunsystems.

Im Grunde genommen schützen uns unser Abwehrkräfte vor praktisch allen Krankheitserregern. Manchmal führen diese Schutzmaßnahmen des Immunsystems aber zu einer überschießende Immunreaktion. Die kann dann Allergien oder chronisches Asthma auslösen. Forschende der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München haben unlängst entdeckt, dass der Wirkstoff Hpb-Glutamat Dehydrogenase aus Parasiten-Larven in diesem Sinne helfen könnten, mittels dieser Parasitentherapie Immunreaktionen zu dämpfen. Dementsprechend könnte das gegen eine Allergie effektiv sein.



 

Heligmosomoides polygyrus (hpb)

Die Larven des Rundwurms bezeichnet man als Heligmosomoides polygyrus, kurz Hpb. Diese brauchen ein ganz besonderes Umfeld um zu überleben. Denn sie müssen in die Darmschleimhaut von Nagetieren eindringen, da sie nur dort zu geschlechtsreifen Würmern heranwachsen können.

Dazu müssen die winzigen Larven jedoch das Immunsystem ihres Wirts überwinden. Den der Wirtskörper aktiviert seine Immunsystem körpereigenen Abwehrkräfte und versucht die Eindringlinge mit Entzündungsreaktionen, Sekretion von Flüssigkeit und Muskelkontraktionen zu eliminieren.

„Die Larven des Wurmparasiten hätten gegen diese Abwehrreaktionen normalerweise keine Chance. Doch sie verfügen über Wirkstoffe, mit denen sie die Immunantwort des Wirts gezielt regulieren können“, erklärt Dr. Julia Eßer-von Bieren, Forscherin am Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München. „Diese evolutionär gereiften Wirkstoffe wollen wir für die Therapie von chronischen Entzündungskrankheiten nutzbar machen.“



 

Hpb-Glutamat-dehydrogenase verändert die Immunantwort

Zusammen mit ihrem Team konnte Eßer-von Bieren jetzt eine Substanz isolieren, identifizieren und analysieren, mit der die Wurm-Larven das Immunsystem ihres Wirts austricksen: Das Protein Hpb-Glutamat-dehydrogenase aktiviert verschiedene immunregulatorische Stoffwechselwege.

Diese sorgen dafür, dass sich in den Immunzellen des Wirtsorganismus entzündungshemmende Botenstoffe bilden. Gleichzeitig wird der Anteil der entzündungsfördernden Botenstoffe reduziert.

Die Fähigkeit der Hpb-Glutamat Dehydrogenase die Immunantwort abzuschwächen, macht sie zu einem aussichtsreichen Kandidaten für eine Parasitentherapie von chronischen Atemwegsentzündungen und Allergien.

Denn oft sind Atemwegserkrankungen, beispielsweise allergisches Asthma, die Folge einer Überreaktion des Immunsystems. Dann kommt es zu einer Überproduktion von entzündlichen Botenstoffen, den Leukotrienen. Sie können Asthmaanfälle auslösen.

Die aktuell eingesetzten Medikamente – meist bekommen die Patientinnen und Patienten Kortison – wirken allerdings kaum auf diese Botenstoffe.



 

Medikamentöse Parasitentherapie mit Hpb-Glutamat Dehydrogenase aus den Parasiten-Larven gegen Asthma und Allergien

Dass sich mit den Larven-Proteinen eine Entzündungsreaktion dämpfen lässt, konnten die Forschenden an Mausmodellen mit allergischem Asthma zeigen. Und auch Untersuchungen an menschlichen Zellkulturen lieferten ermutigende Ergebnisse. Hierzu hatte man vor allem die Wirkung auf bestimmte menschliche Immunzellen, die Makrophagen, im Fokus. Wenn beispielsweise diese dauerhaft aktiviert sind, entstehen chronische Entzündungen. Durch Zugabe von Hpb-Glutamat Dehydrogenase konnten die Wissenschaftler die pro-entzündliche Aktivität der Makrophagen deutlich absenken. Dabei zeigte sich, dass die Substanz wirkungsvoller ist als Kortison.

Der Weg bis zum fertigen Parasiten-Medikament gegen Allergien, sei jedoch noch lang, betonen die Wissenschaftler. Beispielsweise ist zu klären, wie Zellen in den Atemwegen das Wurmprotein aufnehmen. Zudem muss man herausfinden, welche allgemeinen Auswirkungen die Parasitentherapie auf das menschliche Immunsystem hat.




Literatur:

M. de los Reyes Jiménez, A. Lechner, F. Alessandrini, S. Bohnacker, S. Schindela, A. Trompette, P. Haimerl, D. Thomas, F. Henkel, A. Mourão, A. Geerlof, C. Prazeres da Costa, A. M. Chaker, B. Brüne, R. Nüsing, P.-J. Jakobsson, W. A. Nockher, M. J. Feige, M. Haslbeck, C. Ohnmacht, B. J. Marsland, D. Voehringer, N. L. Harris, C. B. Schmidt-Weber, J. Esser-von Bieren. An anti-inflammatory eicosanoid switch mediates the suppression of type-2 inflammation by helminth larval products. In: Science Translational Medicine, 22 April 2020. DOI: 10.1126/scitranslmed.aay0605


Quelle:

Technische Universität München, Helmholtz Zentrums München
Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM)

Related Articles

Aktuell

Steviosid: Eine revolutionäre Alternative zu Zucker

Mit seiner Süßkraft, die deutlich stärker ist als die von Zucker, hat Steviosid (ohne jegliche Kalorien) die Welt der Süßstoffe revolutioniert. Mit einer Süßkraft, die...
- Advertisement -

Latest Articles

Digital Detox: Der Weg zu einer besseren Männergesundheit

Die Entscheidung für einen Digital Detox ist ein Schritt hin zu bewussterem Leben und Arbeiten. In unserer heutigen, digital dominierten Welt ist es kaum noch...

Gartenmelde und seine Heilwirkung

Die Gartenmelde kommt in der Volksmedizin mit seiner diuretischen (harntreibenden) Heilwirkung als Brechmittel und als Abführmittel zum Einsatz. Gartenmelde ist ein vielseitiges Kraut in Küche...

Biosimilars in der Therapie der Psoriasis

Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars mit Original-Biologika für die Behandlung von Psoriasis lässt Fragen offen. Bei der Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Psoriasis...