Brücken bauen – Internationaler Kongress für Integrative Medizin in Stuttgart setzt auf Dialog und gemeinsames Lernen.
Unter dem Motto „Gesundheit ermöglichen – gemeinsam“ ist vorgestern in Stuttgart der erste „International Congress for Integrative Health & Medicine“ mit mehr als 600 begeisterten Teilnehmern aus über 40 Ländern zu Ende gegangen.
Was es konkret braucht, um Gesundheit zu ermöglichen, wurde beim Internationalen Kongress für Integrative Medizin breit diskutiert: Von Innerer Medizin und Krebstherapie über Kinderheilkunde und Pflege bis hin zu gesundheits- und sozialpolitischen Fragestellungen spannte sich das Themenspektrum des Kongressprogramms.
Sichtbar wurde an den drei Tagen vor allem, dass die Integrative Medizin inzwischen im medizinischen Alltag angekommen ist: „Die Integrative Medizin ist längst Realität. Wir sind nicht mehr die Anderen. Integrative Ansätze sind inzwischen Alltag in der modernen Medizin“, sagt Dr. med. Thomas Breitkreuz vom Organisations-Komitee. „Heute haben zum Beispiel rund 60 Prozent der Allgemeinmediziner in Deutschland eine Zusatzbezeichnung wie Akupunktur, Homöopathie oder Anthroposophische Medizin.“ Die Nachfrage der Patienten sei unverändert hoch und oft größer als das tatsächliche Angebot. „Alle Umfragen zeigen, dass die Patienten längst mit den Füßen abstimmen und immer selbstbewusster eine Medizin einfordern, die integrativ ansetzt und auch soziale und seelisch-geistige Elemente mit einbezieht.“
Der Kongress verstand sich auch als explizite Einladung zum (internationalen) Dialog zwischen konventioneller und komplementärer Medizin. Denn es gebe noch immer viele Vorbehalte. Und obwohl die Integrative Medizin inzwischen breiter angewandt werde, seien längst nicht alle offen. „Aber ein Kongress wie dieser hilft, mögliche Vorbehalte abzubauen. Wir wollen gemeinsam lernen und uns gemeinsam weiterentwickeln“, gibt sich Prof. Dr. David Martin (Universität Tübingen) zuversichtlich. Als konkretes Beispiel nennt der Pädiater den Umgang mit Fieber. Es sei heute auch in der konventionellen Medizin keine Selbstverständlichkeit mehr, Fieber automatisch zu senken. Stattdessen könne bei einem Kongress wie diesem gezeigt werden, welche Möglichkeiten die Integrative Medizin bereithält. Und sein Kollege, der Neonatologe und Leiter des ARCIM- Institutes an der anthroposophischen Filderklinik, Dr. Jan Vagedes, ergänzt: „Kürzlich haben wir Kollegen der Neonatologie, also der stationären Neu- und Frühgeborenen- Medizin, gezeigt, dass wir in diesem hoch-technisierten Umfeld Musiktherapie einsetzen. Zuerst war die Verwunderung und Skepsis groß – als wir aber eine Leier dabei hatten und die Ärzte gesehen (und gehört) haben, wie heilsam diese zarten Klänge inmitten der ganzen Technik wirken, waren sie begeistert“.
Beim Kongress wurden zahlreiche Modelle und Best Practice Beispiele vorgestellt und im internationalen Kontext diskutiert. Wichtige Schwerpunkte waren Onkologie, Kardiologie, Pädiatrie sowie Schmerztherapie und psychische Gesundheit. Auch globale Herausforderungen wie die Zunahme der Antibiotika-Resistenzen oder der Anstieg der chronischen Krankheiten standen im Fokus des Kongresses. Es zeigte sich, dass gerade die multimodalen Konzepte der Integrativen Medizin, die den Lebensstil der Patienten zentral in das Therapiekonzept einbeziehen, helfen können, Antworten auf diese Herausforderungen zu finden. Wichtig sei es nun vor allem, die (interdisziplinäre) Zusammenarbeit zu stärken, Kooperationen zu fördern und gemeinsame Anstrengungen in Forschung und Wissenschaft weiter zu etablieren, so die Forderungen der Veranstalter und Teilnehmer in der Schluss-Resolution des Kongresses.