Montag, April 22, 2024

Chirurgische Therapie bei Brustkrebs mit Lymphknotenbefall

Große internationale Studie vergleicht zwei chirurgische Therapien bei Brustkrebs mit Lymphknotenbefall bezüglich Heilungschancen und Lebensqualität.

Ist eine chirurgisches Therapie bei Brustkrebs mit Lymphknotenbefall, bei dem weniger Lymphknoten entfernt, aber mit höherer Dosis bestrahlt wird, ebenso sicher und wirksam wie das radikalere Standardverfahren? Diese Fragestellung untersuchen derzeit Wissenschaftler aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Ungarn in einer groß angelegten Multicenter-Studie unter Federführung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK).

 

Behandlungsergebnisse und Lebensqualität der Patientinnen im Blick

In Deutschland sollen insgesamt 200 Patientinnen, die an Brustkrebs mit Lymphknotenbefall erkrankt sind, eingeschlossen werden. Und zwar teilt man sie dann zufällig einem der beiden gut etablierten Therapieverfahren zu.

Diese „Randomisierung“ verleiht der Studie eine hohe Aussagekraft, da keine Vorauswahl von Patientinnen und Behandlung stattfindet. „Die beiden Verfahren werden nicht nur in Bezug auf Behandlungsergebnisse, sondern auch auf die Lebensqualität nach der Therapie verglichen. Das ist bei den vermutlich sehr ähnlichen Heilungschancen ein höchst relevanter Aspekt für die Patientinnen“, erläutert Professor Heil.

Denn sollte sich die Kombination aus schonenderer Achselchirurgie und erhöhter Bestrahlungsdosis als ebenso effektiv wie das Standardverfahren erweisen, könnten zukünftig vielen Patientinnen Komplikationen nach radikaler Lymphknotenentfernung erspart werden.

 

Axilladissektion

Bei der chirurgischen Standard-Therapie bei Brustkrebs mit Lymphknotenbefall, der Axilladissektion, werden im Achselbereich rund zehn bis 15 Lymphknoten prophylaktisch entfernt. So verringert sich das Risiko, dass sich Krebszellen über das Lymphsystem im Körper verteilen und Metastasen bilden. Bei rund einem Fünftel der so behandelten Frauen treten in Folge allerdings dauerhafte Beschwerden wie Lymphstau in den Armen, Bewegungseinschränkungen bis hin zu Missempfindungen auf.

 

Fokussierte Achselchirurgie

Bei der sogenannten fokussierten Achselchirurgie dagegen, die im Rahmen der TAXIS-Studie erstmals vorgestellt und evaluiert wird, werden nur die potentiell vom Krebs betroffenen Lymphknoten möglichst gezielt und selektiv entfernt.

Um sicher zu gehen, dass trotzdem keine Krebszellen im Lymphsystem zurückbleiben, wird anschließend mit höherer Dosis als üblich bestrahlt. Bei dem schonenderen chirurgischen Eingriff treten deutlich seltener Komplikationen auf. Der direkte Vergleich der beiden Verfahren im Rahmen einer Studie stand bisher noch aus.

 

Großer Einfluss auf die klinische Praxis bei der Therapie von Brustkrebs mit Lymphknotenbefall erwartet

„Wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse von TAXIS großen Einfluss auf die klinische Praxis und zukünftige Behandlungsempfehlungen haben werden und die radikale Lymphknotenentfernung durch das schonendere Verfahren der fokussierten Axillachirurgie abgelöst wird“, so der Heidelberger Onkologe und Studienleiter in Deutschland, Professor Dr. Jörg Heil, Leiter des Brustzentrums der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg. „Unser Ziel ist es, Patientinnen zukünftig eine Übertherapie zu ersparen, indem wir möglichst keine gesunden Lymphknoten unnötig entfernen.“

Mit Nachbeobachtungszeit wird die Studie acht Jahre dauern, erste Zwischenergebnisse sollen allerdings regelmäßig publiziert werden. Insgesamt werden 1.500 Patientinnen aus allen beteiligten Ländern eingeschlossen.


Quelle: Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg

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