Donnerstag, März 28, 2024

Risiko schwer abzuschätzen: Sind E-Zigaretten auch gesundheitsschädlich?

Experten lehnen E-Zigaretten wegen möglicher gesundheitsschädlicher Gefahren und wegen der unzureichend belegten Wirksamkeit ab.

Der diesjährige Weltnichtrauchertag am 31. Mai und die Bundesinitiative „Rauchfrei leben“ rücken den Rauchstopp ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Langjährigen Rauchern soll geholfen werden, das Rauchen zu beenden. Die DGP unterstützt diese Initiativen. Die Mehrheit der circa 25 Prozent Raucher in Deutschland versucht, den Tabakkonsum zu beenden. Wegen der Nikotinabhängigkeit schaffen es viele nicht allein. Können E-Zigaretten helfen oder sind sie auch gesundheitsschädlich? Die DGP lehnt die E-Zigarette wegen Gesundheitsgefahren und wegen der unzureichend belegten Wirksamkeit ab und empfiehlt andere gut untersuchte wirksame Therapien zur Tabakentwöhnung.

 

E-Zigaretten sind gesundheitsschädlich

Beim Inhalieren des E-Zigaretten-Aerosols werden Giftstoffe in die Lunge und das Blut aufgenommen, die chronische Bronchitis und Asthma begünstigen, Herz und Gefäße schädigen, das Immunsystem beeinträchtigen und möglicherweise Krebs begünstigen. Das genaue Risiko lässt sich nicht abschätzen, weil klinische Langzeituntersuchungen fehlen. Die Schadstoffe sind im Vergleich zum Tabakrauch teilweise in deutlich geringerer Konzentration vorhanden. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass E-Zigaretten weniger gesundheitsschädlich sind. Selbst geringe Schadstoffmengen können bei vorbestehenden Krankheiten wie Herzinfarkt oder COPD sehr schädlich sein.

 

Dual Use – E-Zigaretten und Tabak – ist noch gesundheitsschädlicher

85 Prozent der Raucher, die auf E-Zigaretten umsteigen, konsumieren daneben weiter Tabak . Der Doppelkonsum ist besonders gesundheitsschädlich, wenn er nicht mit einer Verminderung des Tabakkonsums einhergeht.

 

E-Zigaretten halten die Nikotinabhängigkeit aufrecht und begünstigen die Rückfallgefahr nach Rauchstopp

In kontrollierten Studien schneidet die E-Zigarette mit beratender Unterstützung zwar etwas besser ab als Nikotinersatzprodukte oder nur die Beratung. In Bevölkerungsuntersuchungen ist dagegen kein positiver Effekt auf den Rauchstopp oder auf eine Schadensminimierung zu finden. Problematisch ist auch, dass der E-Zigaretten-Konsum und damit die Nikotinabhängigkeit meistens dauerhaft bestehen bleibt. Das fördert den Beikonsum mit Tabak und fördert das Rückfallrisiko nach einem zunächst erfolgreichen Rauchstopp. Zudem sind E-Zigaretten kein reguliertes und qualitätsgeprüftes Produkt wie Medikamente. Die Vielzahl von beigemischten Substanzen und Geschmacksstoffen machen eine Qualitätskontrolle kaum möglich. Die WHO und die neue deutsche S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit“  empfehlen die E-Zigarette nicht zur Tabakentwöhnung.

 

Zur Tabakentwöhnung wird stattdessen empfohlen

Gut untersucht, effektiv und durch Leitlinien empfohlen sind die verhaltenstherapeutische Beratung und Therapie, bei starken Rauchern vorübergehend kombiniert mit Nikotinpflastern und Lutschtabletten beziehungsweise Kaugummis oder suchthemmenden Medikamenten. Dafür gibt es ein Netzwerk von ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten aus medizinischen und psychologischen Berufen. Die DGP bildet zusammen mit der Bundesärztekammer regelmäßig Lungenärztinnen und -ärzte für die Tabakentwöhnung aus.

 

Forderungen an die Politik

Neue inhalative suchterzeugende Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer drängen auf den Markt. Um Erfolge bei der Eindämmung des Tabakkonsums nicht zu gefährden, müssen sie den gleichen Beschränkungen und steuerlichen Regeln unterliegen wie Tabakzigaretten.

Die Tabakentwöhnung in Deutschland muss deutlich gestärkt werden, unter anderem durch die Kostenerstattung für Verhaltenstherapie und unterstützende Medikamente. Dafür tritt die DGP zusammen mit anderen medizinischen Fachgesellschaften im Aktionsbündnis Nichtrauchen (ABNR) ein.


Literatur:

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Quelle:

STATEMENT E-Zigaretten: (k)eine Alternative zu herkömmlichen Tabakzigaretten? Professor Dr. med. Wulf Pankow Ehemaliger Chefarzt der Pneumologie und Infektiologie am Vivantes Klinikum Neukölln, Ärztlicher Leiter des Corona-Behandlungszentrums Jafféstraße, Berlin

 

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