Donnerstag, März 28, 2024

Influenzaimpfung und Impfung gegen Herpes Zoster bei Älteren

Die Immunseneszenz, also das physiologische Altern des Immunsystems, betrifft sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem. Beim adaptiven Immunsystem kommt es zu einer Reduktion von B- und T-Lymphozyten und somit zu einem verringerten Ansprechen des Immunsystems auf dem Immunsystem „unbekannte“ Krankheitserreger. Insbesondere die T-Zell-vermittelte Immunität (die T-Zellen werden auch „Gedächtniszellen“ genannt) nimmt bereits ab dem 50. Lebensjahr ab. Die Thymusdrüse – sie enthält viele T-Zellen und liegt hinter dem Brustbein – ist bei einem 80-jährigen Menschen auf zehn Prozent ihres Ausgangsvolumens (also der Größe in der Jugend) geschrumpft. Ab dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko für Infektionen – insbesondere für solche, die der gesunde Körper mit T-Zellen bekämpft. Ähnlich anfällig für Infektionen sind Kinder bis zum fünften Lebensjahr – bei diesen ist das Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift. Besonders anfällig für Lungenentzündungen (Pneumonien) sind also Kinder unter fünf und Erwachsene über 50 Jahre. Leider sind gerade bei diesen beiden Altersgruppen viele Impfungen schlechter wirksam als bei Jugendlichen und „jungen“ Erwachsenen. Deshalb gibt es spezielle Impfstoffe für Ältere. Diese haben entweder einen erhöhten Antigengehalt, sie sind also „höher dosiert“, oder sie sind mit „Wirkungsverstärkern“ (Adjuvanzien) versetzt.

 

Influenzaimpfung gegen eine »echte« Grippe

Infolge der Immunseneszenz kommt es bei Älteren bei der Influenzaimpfung zu einer reduzierten Impfeffektivität, die zu einer Verringerung der Gesamt-Impfeffektivität bei den Älteren auf 50 bis 60 Prozent führt im Vergleich zu 70 bis 90 Prozent Impfeffektivität bei unter 65-Jährigen. Durch stark immunogene Vakzine könnte hier möglicherweise eine Verbesserung erzielt werden. Um einen besseren Impfschutz auch bei alten Menschen zu erreichen, gibt es grundsätzlich zwei Strategien – beide sind effektiv. Der Influenzaimpfstoff Fluad® enthält einen Wirkverstärker, ein sogenanntes Adjuvans. Dadurch ist die Immunreaktion stärker – es treten allerdings auch stärkere Lokalreaktionen – Rötung, Schwellung und Schmerzen an dem Arm, an dem geimpft wurde – auf.

Eine andere Strategie ist ebenfalls effektiv. Der in den USA verwendete Grippeimpfstoff „Fluzone High-Dose“ enthält die vierfache Antigendosis und schützt gerade besonders alte (über 80) Menschen besser vor schweren Verlaufsformen der Influenza als die Standardimpfstoffe. Seit dieser Saison werden von der STIKO generell nur noch tetravalente Impfstoffe empfohlen – diese enthalten zwei B-Antigene. Derzeit ist weder ein tetravalenter Grippeimpfstoff mit Adjuvans noch ein hochdosierter tetravalenter Grippeimpfstoff verfügbar. Dieser wird voraussichtlich 2020 angeboten werden.

Kinder infizieren sich häufig beim Besuch einer Kindertagesstätte mit Influenza. Kinder scheiden Influenzaviren deutlich länger als Erwachsene – nämlich bis zu zehn Tage nach Beginn der Symptomatik – aus. Dadurch stecken die Kinder häufig ihre Eltern und gegebenenfalls ihre Großeltern an. Wichtig ist es deshalb, auch Kinder gegen Influenza zu impfen – auch zum Schutz ihrer Großeltern.

 

Herpes zoster Impgun gegen die „Gürtelrose“

Seit Anfang letzten Jahres ist ein sehr gut wirksamer Totimpfstoff gegen Herpes zoster (Shingrix®) verfügbar. Dieser Impfstoff enthält gleich zwei Adjuvanzien – dies erklärt, warum er auch bei alten Menschen so gut wirkt: Die Daten aus den klinischen Zulassungsstudien weisen auf einen Schutz von über 90 Prozent in allen Altersgruppen ab 50 Jahren hin. Das Impfschema besteht aus zwei Injektionen, die im Abstand von zwei Monaten verabreicht werden. Bei den Adjuvanzien handelt es sich um Monophosphoryl-Lipid A (MPL-A) und Saponin, ein Extrakt aus der Rinde des Seifenbaums.

Die Kombination der beiden im HZ-Totimpfstoff enthaltenen Adjuvanzien Monophosphoryl-Lipid A (MPL-A) und Saponin QS-21 führt zu einer starken und lang anhaltenden Immunantwort, aber auch zu stärkeren Lokalreaktionen. Diese klangen jedoch in fast allen Fällen innerhalb von maximal drei Tagen vollständig ab. Etwa 70 Prozent aller Geimpften berichteten über Schmerzen an der Injektionsstelle.

Etwa zwei Drittel aller Geimpften entwickelten leichte systemische Reaktionen, am häufigsten Müdigkeit (75,3 Prozent), Muskelschmerzen (74,0 Prozent) und Kopfschmerzen (64,4 Prozent). Auch diese klangen aber in fast allen Fällen innerhalb von drei Tagen vollständig ab. Bei etwa fünf Prozent der Geimpften waren die Symptome so stark ausgeprägt, dass die Alltagsaktivitäten beeinträchtigt wurden. Schwere unerwünschte Nebenwirkungen traten nicht auf.

Dennoch sollte die Impfung nicht kurz vor wichtigen beruflichen oder privaten Terminen durchgeführt werden. Der Abgabepreis der Offizinapotheken beträgt aktuell 113,40 Euro pro Impfdosis – für einen dauerhaften Schutz sind zwei Dosen erforderlich. Die STIKO empfiehlt in ihrer aktuellen Stellungnahme die Impfung für alle Menschen im Alter von über 60 Jahren und für alle über 50-Jährigen mit die Immunabwehr beeinträchtigenden Grunderkrankungen. Sofern die Empfehlung der STIKO vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bestätigt wird, werden die Kosten für die Herpes-zoster-Totimpfung für diese Menschen von den gesetzlichen Krankenversicherern übernommen werden.

Quelle:

Statement » Impfen bei Älteren: Immunologische Besonderheiten «. Dr. med. Andreas Leischker, Chefarzt der Klinik für Geriatrie, Alexianer Krefeld GmbH. CRM Centrum für Reisemedizin zum 20. Forum Reisen und Gesundheit.

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