Donnerstag, März 28, 2024

Gerinnungsstörungen: Herzpatienten dürfen Blutverdünner bei Covid-19 keinesfalls absetzen

Gerinnungsstörungen bei Covid-19-Erkrankten: Herzpatienten müssen ihre Blutverdünner zur Infarkt-Prophylaxe weiter einnehmen.

In medizinischen Fachkreisen und den Medien häufen sich Berichte über Gerinnungsstörungen bei Patienten mit einer Covid-19-Erkrankung. Mediziner sehen gar einen Zusammenhang zwischen den Gerinnungsstörungen und schwerwiegenden Verläufen der Covid-19-Erkrankung mit Komplikationen wie tiefen Beinvenenthrombosen und Lungenembolien bis hin zum Tod. Als Ursache hierfür wird eine übermäßige Aktivierung der Gerinnungsfaktoren („Hyperkoagulabilität“) und der Blutplättchen mit einer erhöhten Neigung zur Thrombenbildung in den Gefäßen vermutet.

„Besonders Patienten mit Herzleiden, die mit einer erhöhten Gefahr für Embolien und Infarkte einhergehen und deshalb dauerhaft mit Gerinnungshemmern, den ,Blutverdünnern‘, behandelt werden, sind derzeit extrem verunsichert“, berichtet der Kardiologe PD Dr. med. Gerian Grönefeld vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de).

 

Blutverdünner zur Thrombose-Prophylaxe

Millionen von Herzpatienten bedürfen langfristig einer Thrombose-Prophylaxe mit Gerinnungshemmern wie den sogenannten oralen Antikoagulanzien (Marcumar/Falithrom, oder die neuen DOAKs*). Dies betrifft insbesondere Herzkranke mit der häufigsten Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern sowie Patienten mit einer künstlichen Herzklappe. Auch Patienten nach Herzinfarkt müssen ihre Plättchenhemmer wie ASS, Clopidogrel sowie Prasugrel und Ticagrelor weiter zuverlässig und ununterbrochen einnehmen.

„Für diese Patienten besteht aktuell kein Grund zur Besorgnis. Kliniken, die Covid-19-Patienten versorgen, sind in aller Regel auf solche erhöhten Gerinnungsaktivitäten und damit verbundene medizinische Vorkehrungen zur Verminderung von Embolierisiken vorbereitet“, versichert der Chefarzt der I. Medizinischen Abteilung Kardiologie der Asklepios Klinik Barmbek.

Mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht werden von den Medizinern auch die mit Gerinnungshemmern verbundenen Blutungsrisiken. „Besonders diese Patienten mit Gerinnungshemmern sollten weiterhin auf die konsequente Einnahme ihrer Medikamente für die Thromboseprophylaxe achten.“

 

Gerinnungsstörungen bei Covid-19-Erkrankten: Ärzte und Klinik über Blutverdünner-Einnahme informieren

Im Fall einer Infektion mit dem Coronavirus sollten Patienten ihren Arzt und die Klinikärzte über die bestehende Thromboseprophylaxe unbedingt informieren, um somit eine unerwünschte Doppelbehandlung mit Gerinnungshemmern zu vermeiden.

Die Herzstiftung empfiehlt hier den Notfallausweis für Herzpatienten, in den wichtige Angaben zur Herzerkrankung und den Medikamenten eingetragen werden können.

Intensiv- und Notfallmediziner forderten jüngst in einer Erklärung der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), dass eine Thromboseprophylaxe und Blutverdünnung – abhängig vom Risikoprofil des Patienten – eine stärkere Rolle in der Behandlung von Covid-19-Patienten spielen müssen.

 

Übermäßige Gerinnbarkeit des Blutes als Entzündungsreaktion

Experten schätzen, dass rund 20 Prozent der Covid-19-Patienten als Begleiterkrankung schwere Gerinnungsstörungen mit der Folge venöser Thromboembolien aufweisen. Solche Gefäßverschlüsse sind bei Covid-19-Fällen aufgetreten, die einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf hatten.

Die Gefäßverschlüsse können zu lebensgefährlichen Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Lungenembolie führen. Den Grund für die häufige Thrombosebildung bei Covid-19-Patienten vermuten Mediziner in einer übermäßigen Gerinnbarkeit des Blutes, der Hyperkoagulation, die sie auf eine Entzündungsreaktion im Zuge der Covid-19-Erkrankung zurückführen.

Eine italienische Analyse von Studien aus China (F. Violi et al., Thrombosis and Haemostasis 2020) ergab bei Laborwerten von Covid-19-Patienten einen Anstieg des Proteins D-Dimer, das gebildet wird, wenn sich in den Blutgefäßen Gerinnsel gebildet haben und bei der körpereigenen Auflösung von Blutgerinnseln entstehen.

Auch in einer Obduktionsstudie von Hamburger Forschern am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) auf Basis von Autopsien von an Covid-19 Verstorbenen wurde bei der Mehrheit der Fälle eine Beinvenenthrombose oder Lungenembolie festgestellt (Wichmann D. et al., Annals of Internal Medicine 2020).

 

In Corona-Zeiten wichtig: Mit Bewegung und gesunder Ernährung das Herz fit halten

In Zeiten der Corona-Krise ist ein gesunder Lebensstil mit gesunder Ernährung und möglichst regelmäßiger Bewegung für Herzpatienten besonders wichtig, um so auch das Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung zu verringern. Die Herzstiftung und Herzspezialisten empfehlen Herzpatienten deshalb Laufen oder Radfahren an der frischen Luft und Gymnastik zu Hause, beispielsweise mit Übungen in Trainingsvideos aus dem Internet, vom Sportverein oder der Herzsportgruppe. Die körperliche Aktivität tut nicht nur der Seele gut, sondern hilft dabei, die Durchblutung und Gefäßelastizität zu fördern und sein Herz fit zu halten.


* DOAKs: Direkte orale Antikoagulanzien


Literatur:

Violi F, Pastori D, Cangemi R, Pignatelli P, Loffredo L. Hypercoagulation and Antithrombotic Treatment in Coronavirus 2019: A New Challenge. Thromb Haemost. 2020 Apr 29. doi: 10.1055/s-0040-1710317. DOI https://doi.org/10.1055/s-0040-1710317.

Wichmann D. Autopsy Findings and Venous Thromboembolism in Patients With COVID-19 – A Prospective Cohort Study. Annals of Internal Medicine, 6th May 2020, https://doi.org/10.7326/M20-2003 / https://www.acpjournals.org/doi/10.7326/M20-2003


Quelle: Deutsche Herzstiftung e. V.  

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