Donnerstag, März 28, 2024

Antimikrobielle Peptide als neue Therapie-Option bei Neurodermitis

Antimikrobielle Peptide (AMD) könnten zukünftig eine vielversprechende Option zur Therapie- von Patientinnen und Patienten mit Neurodermitis sein.

Der Wissenschaftsfonds FWF und der französischen Förderorganisation ANR finanzieren das internationale Forschungsprojekt „Therapeutic potential of antimicrobialpeptides in atopic dermatitis (thera-AMPD)“. Das ist eine Kooperation der Med Uni Graz mit dem Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM) und dem International Center for Infectiology Research (CIRI), Lyon, Frankreich. Dabei sollen Forscher beispielsweise die Entwicklung neuartiger Therapeutika wie antimikrobielle Peptide zur Behandlung von Neurodermitis und anderer entzündlichen Hauterkrankungen vorantreiben. Die Forschungsinitiative hat als Förderung zudem auch einen Type 2 Innovation Grant von Sanofi-Genzyme.

Die atopische Dermatitis, besser bekannt als Neurodermitis, ist eine chronische, juckende Hauterkrankung, von der weltweit etwa 15 bis 20% der Kinder und auch viele Erwachsene betroffen sind. Damit zählt Neurodermitis zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Das Auftreten dieser Hautkrankheit steht oft in Zusammenhang mit der Familiengeschichte, häufig tritt sie auch bei Personen auf, die an Heuschnupfen oder Asthma leiden, oder deren Familienmitglieder von diesen Allergien betroffen sind.

 

Atopische Dermatitis: Mikrobiom der Haut im Ungleichgewicht

Neurodermitis kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben. Hauptmerkmale wie wiederkehrende Entzündungen (auch als Schübe bezeichnet) bis hin zu lästigen Ekzemen, starker Juckreiz und Veränderungen der Hautbarriere können nicht nur zu physischen führen. Sondern es können sich auch psychische Beeinträchtigungen entwickeln. Bei Neurodermitis ist die obere Hautschicht entzündet.

Grund dafür ist einerseits eine übermäßige Anhäufung des Bakteriums Staphylococcus aureus und andererseits eine gestörte Menge und Qualität an antimikrobiellen Peptiden (AMP) auf der Neurodermitis-Haut. Diese kleinen Eiweißmoleküle erfüllen die wichtige Funktion, das gesunde Gleichgewicht des Hautmikrobioms aufrechtzuerhalten und pathogene Mikroben, die sich auf der Haut ansiedeln, zu bekämpfen. AMP werden nicht nur von der Haut selbst, sondern auch von vielen Mikroben produziert. Mithilfe einer neuartigen Methode zur Isolierung und Charakterisierung dieser Peptide soll eine umfassende Datenbank erstellt werden, die alle AMP beinhaltet.

„Wir werden ausgewählte AMP aus dieser Datenbank als Therapeutika zur Neutralisierung pathogener Mikroben und zur Verringerung der Symptome von atopischer Dermatitis untersuchen, um mögliche Therapiemöglichkeiten zu finden“, beschreibt Peter Wolf von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Med Uni Graz, das Vorhaben. Diese sollen in der Behandlung der durch Staphylococcus aureus induzierten Hautentzündungen eingesetzt werden.

 

Antimikrobielle Peptide zur Unterstützung der Abwehrmechanismen der Haut bei Neurodermitis

Neuere Untersuchungen haben den Fokus auf antimikrobielle Moleküle und ihre Verbindung mit Mikroben auf der Haut gesetzt. AMP und antimikrobielle Substanzen begrenzen das Wachstum gefährlicher Mikroben und unterstützen die Abwehrmechanismen der Haut. „Darüber hinaus besitzen AMP auch immunmodulierende Eigenschaften, sie können also körpereigene Abwehrmechanismen des Immunsystems verändern. Neben der Beteiligung an angeborenen Immunantworten sind AMP auch aktiv an der Gestaltung von adaptiven Immunantworten beteiligt“, erklärt Vijaykumar Patra, Joint Postdoc an der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Med Uni Graz und INSERM/CIRI, Lyon, Frankreich.

Während leichte Verläufe von Neurodermitis mit entzündungshemmenden Wirkstoffen bereits behandelbar sind, reichen die Möglichkeiten der Therapie noch nicht für schwere Formen der Erkrankung aus. Das Forschungsteam ist angesichts der aktuellen Beobachtungen jedoch zuversichtlich: „Erste Studienergebnisse haben gezeigt, dass die Transplantation des Hautmikrobioms Neurodermitis-Symptome reduzieren kann. Dies eröffnet neue (bio-) therapeutische Alternativen zur Behandlung dieser chronischen Hauterkrankung“, so die Wissenschafter.

 

UV-Licht: Phototherapie soll Barrierefunktion der Haut verbessern

Die Phototherapie (UV-Bestrahlung) ist eine weit verbreitete Behandlungsform für moderate bis schwere Neurodermitis und dafür bekannt, Entzündungen der Haut mit minimalen oder keinen Nebenwirkungen zu reduzieren. Es wird angenommen, dass die Wirksamkeit dieser Methode auf die anschließende Akkumulation und Aktivierung von regulatorischen T-Zellen in der lichtexponierten Haut zurückzuführen ist.

Die UV-Bestrahlung kann die Barrierefunktion der Haut verbessern. Und zwar indem die Expression von Filaggrin und Involucrin erhöht wird und bestimmte AMP in der Haut induziert werden. Durch die Verdickung der obersten Hautschicht, die vor Sonneneinstrahlung schützen soll, wird auch das Eindringen externer Antigene verhindert. UV-Licht kann direkt auf Mikroben auf der Haut einwirken und das Wachstum und die Virulenz des Bakteriums Staphylococcus aureus hemmen. Mit dieser Methode könnte man zukünftig Hautentzündungen und Neurodermitis-Symptome lindern.

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen die positiven Auswirkungen von UV-Exposition auf das Hautmikrobiom und die Expression von AMP, die so vielversprechend sind, um sie weiter zu verfolgen und für die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien zu nutzen“, so Peter Wolf. Mittels Microarray-Analyse im Mausmodell und kürzlich auch in einer klein angelegten klinischen Studie wurde diese Annahme bestätigt.

„Nun werden wir die Dynamik verschiedener Mikroben in der Neurodermitis-Haut vor und nach der Phototherapie untersuchen und ihre Häufigkeit mit dem Gehalt an AMP auf der Haut in Beziehung setzen. Denn es gibt zahlreiche andere AMP, die noch nicht untersucht wurden“, blickt Vijaykumar Patra in die Zukunft. Die Bestätigung, dass antimikrobielle Peptide als Therapeutika bei Neurodermitis eingesetzt werden können, gibt Zuversicht und wird entscheidende Wege für klinische Studien eröffnen.


Quelle:

Medizinische Universität Graz: www.medunigraz.at

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