Donnerstag, April 18, 2024

Zeit ist in der Schlaganfall-Behandlung Gehirn

Die enorme Bedeutung des Faktors Zeit stellt Anforderungen an die Organisation der Schlaganfall-Behandlung – über alle Stationen der Akutversorgung hinweg.

Nach einem Schlaganfall zählt jede Minute. Etwa 80 Prozent der Schlaganfälle beruhen auf einem Gefäßverschluss – man spricht von einem sogenannten ischämischen Schlaganfall. Zur Wiedereröffnung verschlossener Gefäße steht mit der systemischen Thrombolyse (Lyse) mittels rekombinantem Plasminogenaktivator (rtPA) für die Patienten eine wirksame und sichere Methode für eine effektive Schlaganfall-Behandlung zur Verfügung.

Vor Initiierung der systemischen Thombolyse ist eine Bildgebung zwingend erforderlich, in erster Linie um eine Hirnblutung auszuschließen. Aktuell besteht für die systemische Thrombolyse eine Zulassung für die ersten 4,5 Stunden nach Beginn der Schlaganfall-Symptomatik. Innerhalb dieses Zeitfensters ist jede eingesparte Minute mit einem besseren Outcome verbunden.

Mit der mechanischen Thrombektomie (MTE) steht seit 2014 eine weitere hochwirksame Methode zur Wiedereröffnung verschlossener Hirngefäße zur Verfügung. Durch die Thrombektomie hat sich die Chance auf einen besseren Outcome – gemessen am Behinderungsgrad 90 Tage nach dem Schlaganfall – maßgeblich verbessert. Dies betrifft auch spezielle Patientengruppen wie ältere Patienten (Alter über 80 Jahre), Patienten mit spätem Behandlungsbeginn (mehr als 300 Minuten nach Symptombeginn) und solche, die zuvor keine systemische Thrombolyse erhalten haben. Für eine klinisch relevante Besserung des Behinderungsgrades bei einem Patienten um einen Punkt auf der in Therapiestudien gängigen Skala müssen lediglich drei Patienten mittels MTE behandelt werden.

Die Kombination aus systemischer Thrombolyse und anschließender Thrombektomie stellt gegenwärtig die optimale Behandlungsform dar. Das Zeitfenster für dieThrombektomie liegt nach aktuellen Metaanalysen von mehreren internationalen randomisierten Studien bei etwas über sieben Stunden und ist damit länger als das Zeitfenster für die systemische Thrombolyse. Für eine MTE infrage kommen primär Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall und nachgewiesenem Verschluss einer großen Arterie im vorderen Hirnkreislauf.

Die herausgehobene Bedeutung des Zeitfaktors stellt Anforderungen an die Organisation der Schlaganfall-Behandlung über alle Stationen der Akutversorgung hinweg: von der Alarmierung der Rettungsdienste über die Prähospitalversorgung bis hin zu den Abläufen in den Akutkrankenhäusern. Zentral für den Erfolg der Schlaganfall-Behandlung ist die koordinierte Zusammenarbeit von in der Schlaganfall-Behandlung spezialisierten Neurologen, interventionellen Neuroradiologen und anderen Fachdisziplinen (zum Beispiel Neuroanästhesie) und die Behandlung auf einer zertifizierten Stroke Unit.

Eine verbleibende Herausforderung sind Patienten mit unklarem Zeitfenster – zum Beispiel solche, bei denen der Schlaganfall aus dem Schlaf heraus auftritt (sogenannter Wake-up Stroke), Patienten mit Gefäßverschlüssen in speziellen Gefäßgebieten sowie solche, die zuvor blutgerinnungshemmende Medikamente eingenommen haben. Aktuelle Studien untersuchen, welche Kriterien geeignet sind, um weitere Patientengruppen zu identifizieren, die von der Kombination von systemischer Thrombolyse und Thrombektomie beziehungsweise einem der beiden Behandlungsverfahren profitieren.

Quelle:

Akut-Behandlung des Schlaganfalles: Wissenswertes zu gefäßrekanalisierenden Therapien – Statement von Professor Dr. med. Martin Dichgans, 1. Vorsitzender der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft DSG und Direktor des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) am Klinikum der Universität München – zur Schlaganfall-Behandlung zum Weltschlaganfalltag am 29. Oktober 2017.

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