Donnerstag, April 25, 2024

Weltgesundheitstag: Erfolgsgeschichte Impfprogramme

Weltgesundheitstag: Impfprogramme brachten einen drastischen Rückgang von Infektionskrankheiten, dennoch ist der gesellschaftliche Nutzen zu wenig bekannt.

Beim Thema Impfen drehen sich die Diskussionen meist um weit mehr als nur die nackten Tatsachen. Denn die wären eindeutig, wie ein Faktencheck anlässlich des bevorstehenden Weltgesundheitstages zeigt. Impfungen gehören – medizinisch gesehen – zu den größten Errungenschaften der jüngeren Geschichte. Ohne die entsprechenden Impfstoffe und Impfkampagnen würden auch in Europa immer noch Menschen an Lähmungserscheinungen infolge von Poliomyelitis leiden, jedes Jahr tausende Säuglinge und Kleinkinder in Österreich mit einer Rotaviren-Infektion ins Spital kommen oder Kinder an Hirnentzündungen, ausgelöst durch Masern, sterben. Dennoch bleibt die Impfskepsis weit verbreitet: Die Gründe reichen vom wahrgenommenen „Geschäft mit der Angst“ über die Furcht vor schweren Nebenwirkungen bis zur Annahme, dass es besser sei, Kinderkrankheiten „durchzumachen“ als Kinder impfen zu lassen.

Die Fakten sind: Die Immunisierung durch Impfungen verhindert jährlich etwa zwei bis drei Millionen Todesfälle. Weitere 1,5 Millionen Menschen könnten vor dem Tod bewahrt werden, wenn sich die globale Durchimpfungsrate erhöhen würde.[1]

Polio(myelitis) so gut wie ausgerottet, Pocken nicht mehr existent

Noch 1988 war Polio in 188 Ländern der Welt endemisch und verursachte etwa 350.000 Krankheitsfälle. In einem von 200 Fällen kam es als Folge der Erkrankung zu Lähmungserscheinungen, fünf bis zehn Prozent davon kamen ums Leben. Eine Heilung gibt es nicht, einzige Schutzmöglichkeit ist die Impfung. Durch die Einführung globaler Impfprogramme ist Polio heute so gut wie ausgerottet. 2015 waren gerade einmal 74 Erkrankungen in drei Ländern (Afghanistan, Pakistan und Nigeria) bekannt. Das ist ein Rückgang von mehr als 99 Prozent.[2] Tatsächlich durch ein weltweites Impfprogramm ausgerottet werden konnten die Pocken, und das in einem Zeitraum von nur 14 Jahren. Der letzte Fall ist 1977 aufgetreten.[3]

Rotavirus-Impfung erspart Kleinkindern Krankenhausaufenthalt

Weniger gut steht es weltweit um den Rotaviren-Brechdurchfall. Die WHO schätzt, dass an dieser Erkrankung jährlich 527.000 Kinder sterben. Und das, obwohl die Krankheit durch eine einfache Schluck-Impfung vermeidbar wäre. Symptome sind Erbrechen, Durchfall, Fieber, manchmal auch Ohrenschmerzen. Frühgeborene sind besonders gefährdet, durch die Infektion mit dem Virus schwere Komplikationen zu erleiden. Im Gegensatz zu anderen Infektionskrankheiten können Kinder sogar mehrfach an einer Rotaviren-Infektion erkranken. Bevor ein Impfstoff zur Verfügung stand, wurden auch in Österreich jährlich 2.900 bis 4.400 Kinder mit einer Rotaviren-Infektion stationär behandelt.[4] Seit die Impfung 2007 ins österreichische Gratis – Kinderimpfprogramm aufgenommen wurde, konnte die Hospitalisierungsrate um 90 Prozent gesenkt werden. Sogar eine Herdenimmunität konnte erreicht werden.[5] Das bedeutet, dass schon nach einigen Jahren jene Kinder und Säuglinge vor der Erkrankung geschützt werden konnten, die nicht selbst geimpft werden (können).

Masern-Impfung verhindert Millionen Todesfälle weltweit

Nach wie vor gefährlich sind auch die Masern. Sie sind eine der führenden Todesursachen bei kleinen Kindern, trotz der Existenz eines hochwirksamen Impfstoffes. 2015 starben weltweit immer noch mehr als 134.000 Menschen an Folgeerscheinungen. Dies ist dennoch eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur Vor-Impfära. Zwischen 2000 und 2015 konnten die Todesfälle um 79 Prozent gesenkt werden. 20,3 Millionen Menschen leben noch, weil sie rechtzeitig geimpft wurden.[6] Ziel der WHO ist es, die Masern in den nächsten Jahren weltweit komplett auszurotten. „Um dies auch für Österreich zu erreichen, muss eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent mit zwei Impfdosen erreicht werden. Davon sind wir derzeit allerdings weit entfernt“, so Univ. Prof. Ursula Kunze vom Zentrum für Public Health an der Medizinischen Universität Wien. Besonders schlecht sind die Durchimpfungsraten bei Kindern, die zwischen 2008 und 2010 und bei Menschen, die in den 1990er Jahren geboren wurden.[7] Insgesamt steigt die Zahl der Masernfälle derzeit wieder an. Seit Jahresbeginn wurden 67 Masernfälle gezählt (Stand 20.3.2017). „Ein Grund für die vergleichsweise schlechten Durchimpfungsraten ist der Irrglaube, dass es sich bei Masern um eine harmlose Kinderkrankheit handelt“, erläutert die Expertin. „Das Gegenteil ist der Fall: Ein Viertel der Erkrankten bekommt Komplikationen, angefangen von einer Mittelohrentzündung, über Durchfall und Lungenentzündung bis hin zur äußerst gefährlichen Gehirnentzündung.“ Masern sind übrigens meldepflichtig und höchst ansteckend. Das Gesundheitsministerium rät allen nicht geimpften Personen dringend zur Impfung.

Impfung kann Krebs verhindern

Mehr als zwei Drittel aller Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV (Humane Papilloma-Viren). Davon gibt es zwei Arten: Niedrig-Risiko- und Hoch-Risiko-Typen. „Niedrig-Risiko-Typen sind zu 90 Prozent für die Bildung von äußerst unangenehmen und häufig wiederkehrenden Genitalwarzen verantwortlich. Hoch-Risiko-Typen (onkogene Typen) können zu Krebsvorstufen und später zu Gebärmutterhalskrebs, Scheidenkrebs, Krebs der Schamlippen, Penis- und Analkrebs sowie zu Krebs im Bereich des Kopfes oder des Rachens führen“, erläutert Univ. Prof. Dr. Elmar Joura von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie an der Medizinischen Universität Wien. Seit einigen Jahren gibt es gegen beide Viren-Arten wirksame Impfstoffe. Der Schutz gegen eine Infektion durch onkogene Viren kann über 95 Prozent betragen. Zwei der drei am Markt befindlichen Impfstoffe reduzieren zudem die Wahrscheinlichkeit geimpfter Frauen, an Genitalwarzen zu erkranken, um etwa 90 Prozent. Von einer Impfung profitiert aber nicht nur die einzelne Frau: Seit einigen Jahren liegen auch Daten vor, die zeigen, dass es durch breit angelegte Impfprogramme tatsächlich weniger oft zu Krebsvorstufen kommt. In einer australischen Studie ist von einem Rückgang von etwa der Hälfte innerhalb von nur drei Jahren bei Mädchen unter 18 Jahren die Rede. Deutsche Experten haben vor einigen Jahren hochgerechnet, dass schon bei einer Durchimpfungsrate von nur 50 Prozent (bei Mädchen) etwa vier von zehn Gebärmutterhalskrebserkrankungen in den nächsten hundert Jahren vermieden werden können.[8] Joura: „Legt man diese Zahlen auf Österreich um, kann eine Impfung tausenden Frauen in den nächsten Jahrzehnten eine Krebserkrankung ersparen.“

Quelle. www.oevih.at

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