Freitag, März 29, 2024

Vitamin A für Rinder gegen Kuhmilch-Allergie

Eine im Kleinkindalter entwickelte Kuhmilch-Allergie klingt meistens bis zum Erwachsenenalter wieder ab, erhöht aber auch das Risiko für weiter Allergieerkrankungen.

Drei bis fünf Prozent der Kinder in Europa leiden an einer »echten« Kuhmilch-Allergie, die seltener im Erwachsenenalter vorkommt. Im Gegensatz zur Laktoseintoleranz, bei der durch das fehlende Enzym Laktat lediglich Milchzucker schlecht verdaut wird, reagiert bei Betroffenen mit Kuhmilch-Allergie das Immunsystem selbst mit einem Abwehrmechanismus gegen Milchproteine. Dabei bilden sich spezielle Immunzellen, die dann Antikörper gegen die Milcheiweiße produzieren und damit eine potentiell gefährlichere allergische Reaktion auslösen.

Die Bildung spezieller Immunzellen gegen Milchproteine könnten gewisse Bestandteile der Kuhmilch selbst unterbinden, wie eine aktuelle Untersuchung des interuniversitären Messerli Forschungsinstitutes der Vetmeduni Vienna, der Meduni Wien und der Universität Wien zeigt. Dabei soll die Retinsäure, ein Stoffwechselprodukt von Vitamin A, gegen das für allergische Reaktionen relevante Milchprotein beta-Laktoglobulin wirken, wofür aber eine ausreichende Versorgung der Kühe mit dem Vitamin A – beispielweise durch viel Grünfutter  – notwendig ist.

Durch Retinsäure potentielles Milchallergen in Milch-Tolerogen verwandeln

An einer Kuhmilch-Allergie erkrankte Kleinkinder bilden in ihrem Körper mit Th2-Lymphozyten spezielle Immunzellen, die Antikörper produzieren, die als körpereigene Abwehr gegen Milchproteine gerichtet sind. Eines der wichtigsten dieser sogenannten Milchallergene ist das Eiweiß Bos d 5 oder beta-Laktoglobulin. Dieses gehört zur Proteinfamilie der Lipokaline. „Diese spezielle Eiweißfamilie besitzt molekulare Taschen die kleine Moleküle, wie eben die Retinsäure, die ein Stoffwechselprodukt von Vitamins A ist, aufnehmen können“, erklärt Erstautorin Dr. Karin Hufnagl. „Unsere Untersuchungen zeigten, dass das „leere“ Milchprotein die Aktivierung von Th2-Lymphozyten unterstützt und damit eine allergische Reaktionskette in Gang setzt“, so Hufnagl. Steckt es sich jedoch die Retinsäure sozusagen in die Tasche, dann reagieren die Immunzellen moderat, ohne allergische Immunreaktion. „Eine adäquate Beladung des Milchproteins könnte damit verhindern, dass sich Kleinkinder oder auch Erwachsene sensibilisieren und eine Milchallergie ausprägen“, resumiert Studienleiterin Erika Jensen-Jarolim.

Vitamin A mit der Fütterung den Kühe zuführen

Milch und vor allem Kuhmilch ist ein für die meisten Menschen zwar prinzipiell essentielles Nahrungsmittel. Für Allergiker stellt sie jedoch ein Risiko dar, da sie neben Mund- oder Schleimhautschwellungen, Durchfälle oder die Verschlechterung einer Neurodermitis verursachen und in seltenen Fällen sogar einen allergischen Schock hervorrufen kann. Außerdem birgt eine Kuhmilch-Allergie das Risiko auf weitere allergische Erkrankungen, wie ein atopisches Ekzem oder allergisches Asthma. „Eine ausreichende Versorgung der Milchproduzenten, sprich der Kühe, mit Vitamin A könnte diesem Effekt, ein harmloses Nahrungsmittel-Protein womöglich in ein Milch-Allergen umzuwandeln, entgegenwirken“, sagt Hufnagl. Fraglich ist jedoch, ob der in der Studie gezeigte positive Effekt von Vitamin A, auch durch Nahrungsmittelzusätze erwirkt werden kann. „Die Künstliche Ergänzung der Nahrung mit Vitaminen erzielt womöglich nicht die gleiche Wirkung wie natürliche Wirkstoffe und hat wahrscheinlich eine inadäquate Beladung des Milch-Allergens zur Folge. Es gilt daher Vitamin A schon bei der Haltung oder Fütterung den Tieren in einem entsprechenden Ausmaß zuzuführen. Das kann etwa durch vermehrte Gabe von Grünfutter erreicht werden. Entsprechende Folgestudien müssen allerdings noch durchgeführt werden“, so die Forscherin.

Literatur:

Der Artikel „Retinoic acid prevents immunogenicity of milk lipocalin Bos d 5 through binding to its immunodominant T-cell epitope“ von Hufnagl K., Ghosh D., Wagner S., Fiocchi A., Dada L., Bianchini R., Braun N., Steinborn R., Hofer M., Blaschitz M., Roth G., Hofstetter G., Roth-Walter F., Pacios LF. und Jensen-Jarolim E. wurde in Scientific Reports veröffentlicht. https://www.nature.com/articles/s41598-018-19883-0

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