Dienstag, April 16, 2024

Schichtdienst führt häufig zu Schlafstörungen, Fatigue und Insomnien

In der heutigen 24-Stunden-Non-Stop-Gesellschaft gibt es immer mehr Beschäftigte mit Schichtdienst, wobei jeder Dritte unter Schlafstörungen leidet.

In Deutschland haben erste Kitas schon rund um die Uhr geöffnet. Das sind notwendige Öffnungszeiten, wenn Eltern Tag und Nacht im Einsatz sind. Tatsächlich erfordert unsere 24-Stunden-Non-Stop-Gesellschaft immer mehr Schichtdienst – zum Beispiel bei Pflegepersonal und Ärzten, Polizisten, Bahnpersonal, Feuerwehrleuten, Mitarbeitern in Callcentern und in der Industrie. Männer sind deutlich häufiger als Frauen betroffen, zeigen die Zahlen des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat). Jedenfalls sind die negativen Auswirkungen auf Schlaf und Gesundheit – wie Schlafstörungen – beim Schichtdienst immens.

 

Schlafstörungen bei Menschen mit Schichtdienst häufig

Schlafstörungen sind bei Schichtdienst ein häufiges Beschwerdebild. Mehr als jeder dritte Arbeiter im 3-Schicht-Betrieb leidet an Ein- und Durchschlafproblemen. Ältere haben dabei häufiger Probleme als Jüngere. Abendtypen – sogenannte Eulen – sind aufgrund ihres flexibleren Schlaf-Wach-Rhythmus mit der Spät- und Nachtschicht besser zurecht als Morgentypen – den Lerchen. Allerdings haben Eulen deutliche Probleme bei der Frühschicht. Sie können aufgrund der nach hinten verlagerten Taktung ihrer inneren Uhr nur schwer früher zu Bett gehen. Bei verkürztem Schlaf leiden sie unter Tagesschläfrigkeit und Einschränkungen im Leistungsvermögen.

 

Schichtdienst-Systeme in öffentlichen Einrichtungen – wie bei Ärzten und Polizisten – ignorieren moderne arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schlafstörungen und anderen gesundheitlichen Aspeken

In Großunternehmen werden solche arbeitsmedizinischen Erkenntnisse schon berücksichtigt, da Betriebsärzte, Arbeitsmediziner und Betriebsräte häufig gemeinsam optimale Schichtbedingungen für das Unternehmen und seine Mitarbeiter suchen. Dagegen werden in zahlreichen Schichtdienst-Systemen in öffentlichen Einrichtungen moderne arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert, wie neue Untersuchungen zeigen. So sind zum Beispiel in Krankenhäusern zwölf Stunden Arbeit am Stück und Pausenzeiten von weniger als 11 Stunden zwischen den Schichten keine Seltenheit.

In Zeiten von Personalmangel bleiben die gesetzlichen Ruhezeiten zwischen den Schichten schnell außer Acht. Aufeinanderfolgende Nachtschichten von mehr als 3 Nächten sind nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Oft folgen auf Spätschichten Frühschichten, die für Mitarbeiter hochbelastend sind und die Sicherheit der Behandlung aufgrund Übermüdung gefährden. Laut Studiendaten nehmen schläfrigkeitsbedingte Fehler im ärztlichen Handeln bereits bei mehr als fünf 24-Stunden-Bereitschaftsdiensten im Monat um das 7fache zu. Weiter ist das Unfallrisiko auf dem Nachhauseweg bei Schichtarbeitern bis zu 8-fach erhöht.

Auch in den nicht sehr gesundheitsorientierten Schichtmodellen der Polizei werden arbeitszeitrechtliche Empfehlungen vernachlässigt. Bei dem häufigen „Dreisprung“ oder „Starren Schichtmodell“, das auf der Homepage der Bayerischen Polizei beschrieben wird, folgen innerhalb von 2 Tagen drei Schichten aufeinander. Ohne Zeit für ausreichend Schlaf ist der Polizeibeamte übermüdet am Arbeitsplatz – auch wenn er im Anschluss zwei Tage frei hat.

 

Fatigue, Insomnien und Schlafstörungen

Generell sollten Schichtdienst-Pläne möglichst individuell ausgerichtet und am spezifischen Chronotypen orientiert sein. Nach Auswertung aktueller Studien zu Schlafstörungen und Gesundheitsrisiken bei Schichtdienst ist von komplexen kausalen Beziehungen zwischen Schichtarbeit, Schlaffacetten, gesellschaftlichen Faktoren und Krankheitsentwicklungen auszugehen.

Fatigue, Insomnien und Schlafstörungen können – über Jahre und Jahrzehnte – Folge von Schichtdienst und Ursache und Konsequenz von organischen Erkrankungen sein. Insofern sollten entsprechende Bewältigungsstrategien und Therapien eine wichtige Rolle bei der Prävention von Gesundheitsstörungen und organischen Erkrankungen einnehmen können.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin

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