Freitag, März 29, 2024

Risikobereitschaft im Alter untersucht – »World Values Survey«

Nicht in allen Ländern stimmt die Vermutung, dass im Alter die körperliche, soziale, rechtliche sowie finanzielle Risikobereitschaft abnimmt.

Die Studie World Values Survey untersuchte unlängst in 77 Ländern, welche Risikobereitschaft die Menschen im Alter haben. Bislang vermutete man, dass im Alter die körperliche, soziale, rechtliche oder finanzielle Risikobereitschaft geringer wird. Die Forscher wollten wissen, ob das für alle Menschen gilt. Auch die weltweiten Unterschiede zwischen den Ländern und Kulturen war von Interesse. Zudem beleuchtete die Studie die Rolle von Faktoren wie Armut oder Einkommensungleichheit.

 

Risikobereitschaft im Alter und Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Im Grunde genommen nimmt wie erwartet in den meisten Ländern die Risikobereitschaft im Alter ab. Das gilt beispielsweise für Deutschland, Russland oder auch den USA. In diesen Ländern haben zudem im Alter die Männer im Durchschnitt eine deutlich stärkere Neigung zur Risikobereitschaft als gleichaltrige Frauen.

Jedoch gibt es auch Länder, in denen sich die Risikobereitschaft im Alter nicht verändert. Und wo zugleich weniger Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen. Dazu zählen unter anderem Nigeria, Mali sowie Pakistan.

Zu diesem Ergebnis kamen die Wissenschaftler der Universität Basel und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, deren Studie auf Daten aus 77 Ländern basiert.

Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Situation in einem Land und der Neigung der dort lebenden Menschen, auch im Alter Risikobereitschaft zu zeigen.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Risikobereitschaft im Alter nicht überall gleichermaßen abnimmt. Deswegen verglichen sie zusätzlich die vorherrschenden Lebensumstände in diesen Ländern miteinander. Das waren beispielsweise die wirtschaftliche und soziale Armut, die Mordrate, das Pro-Kopf-Einkommen sowie auch die Einkommensungleichheit.

Die Ergebnisse zeigten einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Situation in einem Land und der Neigung der dort lebenden Menschen, Risiken einzugehen. Ob Menschen dazu neigen, sich auch im Alter Risiken auszusetzen, hängt von den äußeren Umständen ab.

 

Risikobereitschaft im Alter in Ländern mit großer Armut und schwierigen Lebensumständen unverändert hoch

Unter dem Strich konnten die Forscher zeigen, dass in Ländern mit großer Armut und schwierigen Lebensumständen auch die Neigung zu Risikobereitschaft im Alter unverändert hoch bleibt. Im Grunde genommen bedeutet das auch, dass die Menschen in Ländern, in denen die Ressourcen knapp sind, stärker miteinander konkurrieren müssen. Und zwar ist das der Fall im Vergleich zu Menschen, die in reichen und sozialen Ländern leben. Und das gilt wiederum für Männer und Frauen gleichermaßen.

Die individuelle Risikoneigung ist nicht konstant in der Zeit, wie oftmals in der Ökonomie unterstellt wird.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen auch, dass man bei der Untersuchung von Phänomenen menschlicher Entwicklung das Zusammenspiel von Mensch und Umwelt berücksichtigen muss. Für die Entscheidungsforschung bedeutet das, dass die individuelle Risikoneigung nicht, wie oftmals in der Ökonomie unterstellt wird, als konstant in der Zeit angesehen werden kann.

Die Studie zeigt vielmehr, dass Menschen — und dies gilt über viele Kulturen hinweg — dazu neigen, mit zunehmenden Altern weniger Risiken einzugehen. Gleichzeitig hängt diese Anpassungsleistung aber auch von den lokalen Lebensbedingungen und existentiellen Erfordernissen ab.

 

Daten des »World Values Survey« zur Risikobereitschaft untersucht

Für ihre Studie analysierten die Forscher Daten des „World Values Survey“ – einer internationalen Erhebung, die Wertevorstellungen und Anschauungen von Menschen aus der ganzen Welt zusammenführt. Dafür verglichen sie insgesamt 147.118 Antworten von Menschen im Alter zwischen 15 und 99 Jahren — darunter 52 Prozent Frauen — aus insgesamt 77 Ländern.

Im Fokus der Untersuchung stand die Neigung zur Risikobereitschaft. Jeder Befragte sollte angeben, wie sehr er zu abenteuerlustigen und riskanten Aktivitäten neigt. Dafür nutzten die Befragten eine Skala von eins, das trifft voll und ganz auf mich zu, bis sechs, das trifft überhaupt nicht auf mich zu.

 

The World Values Survey

Seit 1981 führen internationale Sozialwissenschaftler die soziokulturellen, moralischen, religiösen und politischen Werte verschiedener Kulturen der Welt in einer umfassenden Erhebung, dem World Values Survey, zusammen. Diese besteht aus nationalen repräsentativen Erhebungen aus fast 100 Ländern. Basis der Erhebungen sind Fragebögen. Für die vorliegende Studie wurden Daten aus den Jahren 2008 und 2014 aus 77 Ländern genutzt.


Literatur:

Mata, R., Josef, A. K., & Hertwig, R. (2016). Risk taking across the life span and around the globe. Psychological Science. Advance online publication. doi: 10.1177/0956797615617811


Quelle: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

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