Viele Menschen haben Angst vor möglicher Nebenwirkungen durch die Covid-Impfung, dazu zählt die Bedenken bezüglich eines erhöhten Risikos für Gürtelrose nach der Impfung gegen SARS-CoV-2. Rezente US-Daten ergeben hierzu aber kein höheres Risiko für eine Herpes-Zoster-Erkrankung.
Die Sorge wegen vermeintlicher Nebenwirkungen hält viele Menschen noch immer von der Covid-Impfung gegen SARS-CoV-2 ab, wie eine mögliche impfassoziierte Herpes-Zoster-Erkrankung (Gürtelrose). Allerdings deuten jüngste Daten darauf hin, dass das nicht gerechtfertigt.ist. Und zwar zeigt das eine große rezente Auswertung von über 2 Mio. Geimpften. Die Ergebnisse machen eine klare Aussage, dass die COVID-Impfung nicht mit einer erhöhten Rate von Herpes Zoster assoziiert ist. Eine ergänzende Kohortenanalyse zeigte darüber hinaus auch kein erhöhtes Impfrisiko für Herpes Zoster verglichen mit der Influenza-Impfung aus der Zeit vor der Pandemie.
Zusammenhang Herpes Zoster (Gürtelrose) und COVID-19-Impfung
Wiederholt gab es in der Literatur Berichte über Herpes Zoster (Gürtelrose) in der Folge einer COVID-19-Impfung. Dementsprechend hat man das sowohl in Fachkreisen als auch unter Laien sehr diskutiert.
Herpes Zoster kann prinzipiell jeder bekommen, der zuvor schon einmal Windpocken hatte. Das Windpocken-Virus (Varicella-Zoster-Virus/VZV) persistiert lebenslang latent im Körper und kann durch verschiedene Auslöser reaktiviert werden. Wobei es dann aber nicht erneut zu Windpocken, sondern zur Gürtelrose kommt. Eine VZV-Reaktivierung kann beispielsweise bei (vorübergehender) Abwehrschwäche oder bei älteren Menschen aufgrund der absinkenden VZV-Antikörperspiegel entstehen.
Erste Analysen von Impfnebenwirkungen zeigten zwar einen Anstieg der Berichte über COVID-19-Impfung-assoziierte Herpes-Zoster-Infektionen; es war dabei jedoch nicht klar, ob diese Fälle auf eine vermehrte Berichterstattung zurückzuführen waren oder auf einen echten Anstieg der Inzidenz.
COVID-Impfung nicht mit erhöhtem Risiko für eine Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus (Verursacher von Herpes Zoster, Gürtelrose) assoziiert
Eine rezente große retrospektive Kohortenstudie der University of California, San Francisco, ging daher speziell der Frage nach, ob die Covid-Impfung eine Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus (Verursacher von Herpes Zoster, Gürtelrose) auslöst.
Die Forschenden analysierten die Gesundheitsdaten der US-amerikanischen OLDW-Datenbank („Optum Labs Data Warehouse“) von 2.039.854 gegen SARS-CoV-2 geimpften Menschen (BioNTech/Pfizer, Moderna oder Johnson-Johnson, in der Zeit 12/2020 – 6/2021). Das mittlere Alter der Geimpften betrug 43,2±16,3 Jahre, 50,6% waren weiblich.
Von der gesamten Kohorte wurden 1.451 Personen mit einer Herpes-Zoster-Diagnose in die primäre STRI-Analyse („self-controlled risk interval“) eingeschlossen. Dabei wurde die Häufigkeit von Herpes-Zoster-Diagnosen im „Risikointervall“ (30 Tage nach der ersten oder zweiten Impfdosis) ermittelt und mit späteren Intervallen verglichen („Kontrollintervall“ 30-60 Tage nach der Impfung).
Die Ergebnisse wurden außerdem verglichen mit dem Herpes-Zoster-Risiko nach Influenza-Impfung aus zwei historischen Kohorten vor der Pandemie (1/2018 – 12/2019) und in der frühen Pandemie-Phase (3/2020 – 11/2020). Die Auswertung erfolgte adjustiert im Hinblick auf Alter, vorbestehende immunologische Beeinträchtigungen und Art des Impfstoffs.
Im Ergebnis war die COVID-Impfung nicht mit einem erhöhten Risiko für eine VZV-Reaktivierung assoziiert (Inzidenzratenverhältnis IRR 0,91; p=0,08). Die Inzidenz war auch nicht höher als in der supplementären Kohortenanalyse nach Influenza-Impfung in der Zeit vor der Pandemie (1. COVID-Impfung HR 0,78; p<0,001; 2. COVID-Impfung HR 0,79; p<0,001) oder in der frühen Pandemiephase (1. COVID-Impfung HR 0,89; p=0,05; 2. COVID-Impfung HR 0,91; p=0,09).
Weitere Nebenwirkungen der Covid-Impfung im Fokus
Auch zu weiteren Impfkomplikationen wie der Myokarditis oder dem Guillain-Barré-Syndrom gab es inzwischen große Studien. So zeigte eine Analyse von über 5 Mio. vollständig geimpften Personen aus Israel, dass es bei 182.605 geimpften Adoleszenten zu 20 Myokarditiden kam, von denen nach CDC-Kriterien („Center for Disease Control“) neun Fälle als wahrscheinlich bis sicher eingestuft wurden. Die Inzidenz betrug somit 4,8/100.000 Geimpfte; die Verläufe waren mild, die stationäre Behandlung lag bei median 2-4 Tagen und der Follow-up zeigte auch nach sechs Monaten eine gute Prognose.
Auch in Bezug auf das Guillain-Barré-Syndrom gibt es Entwarnung. Eine epidemiologische Studie aus Mexiko (12/2020 – 10/2021) ergab bei 81.842.426 Impfdosen (mit sieben SARS-CoV-2-Impfstoffen) eine GBS-Inzidenz von 1,19/1.000.000. Die GBS-Inzidenz war somit niedriger als vor der Pandemie (2019) mit 7,1/1.000.000 Personenjahren.
Nach derzeitiger Studienlage ist die Impfung dementsprechend als relativ sicher einzustufen, Komplikationen treten bislang sehr selten auf. Menschen, die wegen extrem seltener möglicher Nebenwirkungen Angst vor der COVID-Impfung haben, müssen sich bewusst machen, dass alle diese Komplikationen viel häufiger bei der SARS-CoV-2-Infektionen auftreten. Dies wurde inzwischen auch für viele andere potenzielle, auch neurologische Nebenwirkungen gezeigt.“ Die DGN empfiehlt daher, die Impfangebote entsprechend den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts anzunehmen.
Literatur
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