Donnerstag, März 28, 2024

Rheumatoide Arthritis – Neuigkeiten in Diagnostik und Therapie

Dr. Rudolf Puchner, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie in Wels, Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) zu Rheumatoide Arthritis.

 

Ständige Müdigkeit? Quälende Schmerzen? Angeschwollene Gelenke? Entzündungen, die in Schüben wiederkehren? Der Begriff Rheuma umfasst zahlreiche entzündliche und nicht entzündliche, durch Abnützung und Alterungsprozesse hervorgerufene Erkrankungen an den Gelenken, Sehnen, Knochen und Muskeln.

Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste, aber nicht die einzige entzündliche Gelenkerkrankung. Der Morbus Bechterew (syn.: ankylosierende Spondylitis) ist eine entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule unter möglicher Beteiligung von peripheren Gelenken. Im Rahmen einer Schuppenflechte kommt es ebenfalls häufig zu Gelenkentzündungen (Psoriasisarthritis). Vor allem junge Menschen können an so genannten Kollagenosen wie dem Lupus erythematodes erkranken.

 

Rheumatoide Arthritis – unbekannte Ursache

Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, deren Ursache nicht bekannt ist. Wird diese Entzündung an den Gelenken nicht gebremst, werden die Gelenkstrukturen zunehmend geschädigt und schließlich zerstört. Typische Symptome sind geschwollene und druckschmerzhafte Gelenke an Händen und Füßen. Aber auch eine Beteiligung der Knie-, Hüft- und Schultergelenke ist häufig, sogar die Kiefergelenke können befallen sein.

 

Rheumatoide Arthritis Erstdiagnose

Die rheumatoide Arthritis kann in jedem Lebensalter auftreten. Der Gipfel der Erstdiagnose liegt um das 50. Lebensjahr; Frauen sind häufiger als Männer betroffen. Die Patienten sind selbst in Tätigkeiten des täglichen Lebens mehr oder weniger stark eingeschränkt.

Sie können teilweise nicht einmal eine Mineralwasserflasche öffnen oder Brot schneiden. Häufig ist es für die Patienten schwierig und auch problematisch, einen Beruf auszuüben. Die körperliche Belastbarkeit ist oft eingeschränkt.

 

Rheumatoide Arthritis therapieren

Zunächst konnte man eine Arthritis nur mit entzündungshemmenden und schmerzlindernden Medikamenten behandeln. Zumindest seit den 1980-iger Jahren werden neben der Schmerzbehandlung auch Arzneimittel (Basistherapeutika wie z.B. Methotrexat) eingesetzt, die den Verlauf der Gelenkentzündung positiv beeinflussen und das Fortschreiten der Erkrankung verzögern oder, wenn auch selten, verhindern können.

Führen die herkömmlichen Basistherapeutika nicht zum gewünschten Erfolg, kommen Biologika zum Einsatz. Ihre Wirkung beruht auf der gezielten Hemmung der entzündungsfördernden Botenstoffe (Zytokine). Diese Medikamente haben in den letzten 15 Jahren den Verlauf der Erkrankung revolutioniert. War man früher zufrieden, wenn durch eine Behandlung die Zahl der geschwollenen Gelenke von z. B. 15 auf 7 reduziert werden konnte, so ist das Ziel heute die Remission, das heißt ein Krankheitsstillstand.

Wenn auch eine Heilung noch nicht möglich ist, kann durch diese Medikamente bei einer zunehmenden Zahl von Patienten eine deutliche Besserung bzw. eine Beschwerdefreiheit erreicht werden. Da es sich um äußerst potente Medikamente handelt, die auch entsprechende Nebenwirkungen haben können, erfordert der Umgang mit Biologika viel Erfahrung und Zeit für Aufklärung und Überwachung und geht mit einer entsprechend großen Verantwortung einher. Wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung sind eine frühzeitige Diagnose und eine rasch einsetzende medikamentöse Therapie, möglichst in den ersten drei Monaten nach Symptombeginn. Dann besteht die Möglichkeit, eine irreversible Gelenkschädigung zu vermeiden.

 

Projekt epidemiologische Studie

Die Inzidenz der rheumatoiden Arthritis in OÖ Ich möchte über eine geplante Untersuchung informieren und gleichzeitig um Ihre Unterstützung bitten. Wir möchten die Anzahl aller Patienten in Oberösterreich, die in einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr an einer rheumatoiden Arthritis neu erkranken, erheben. Die rheumatoide Arthritis (RA) (syn.: chronische Polyarthritis) ist mit einer Prävalenz von etwa 1 % eine der häufigsten systemischen Autoimmunerkrankungen.

International wird überwiegend die in den Jahren 1990–1995 im Norfolk-Arthritis-Register (England) ermittelte Inzidenz als Maß für die Häufigkeit von Neuerkrankungen mit der Diagnose RA in einem definierten Beobachtungszeitraum herangezogen. Aufbauend auf diese Daten rechnen wir in Oberösterreich mit zumindest 450–500 Neuerkrankungen pro Jahr (Symmons et al. 1995).

Unser Ziel ist (mehr als 20 Jahre später) eine Neubewertung der Inzidenz der Rheumatoide Arthritis. Die geplante epidemiologische Studie ist unseres Wissens die erste prospektive Untersuchung zur Ermittlung der Inzidenz der RA unter primärer Verwendung der neuen Klassifikationskriterien für die Rheumatoide Arthritis (Aletaha et al. 2010).

Die Daten sollen zumindest über einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren erhoben werden. Wenn ein Patient die Kriterien eines Kurzfragebogens (drei oder mehr anhaltend geschwollene Gelenke, Beteiligung der Finger- und/oder Zehengrundgelenke, Morgensteifigkeit > 30 Minuten) mit Symptombeginn ab Jänner 2016 erfüllt, sollte er an einen Rheumatologen überwiesen werden, der nach Diagnosestellung so rasch wie möglich eine entsprechende Therapie einleitet.

Die Sammlung der erhobenen Daten erfolgt durch das Ärztliche Qualitätszentrum in Linz (Mag. Alois Alkin) unter Mithilfe der Logistik der OÖ Ärztekammer. Es sollen alle Patienten, die im Beobachtungszeitraum in Oberösterreich neu an einer rheumatoiden Arthritis erkranken, online oder per Fax mittels eines kurzen einseitigen Fragebogens an das Ärztliche Qualitätszentrum in Linz gemeldet werden.

 

Nutzen und Risiko

Durch eine mediale Unterstützung und die logistische Mithilfe seitens der OÖ Ärztekammer steigen der Bekanntheitsgrad und das Bewusstsein für dieses Leiden in der Bevölkerung. Dies sollte zur Früherkennung dieser chronisch fortschreitenden Gelenkerkrankung beitragen. Die Untersuchung hat somit auch einen „Awareness“-Charakter.
Die Kenntnis über die Anzahl der pro Jahr an RA neuerkrankten Patienten hat nicht nur für Oberösterreich, sondern für den europäischen Zentralraum eine nicht unwesentliche gesundheitsökonomische Dimension und leistet zudem einen Beitrag im Sinne der Versorgungsforschung. Ein Risiko ergibt sich für die Patienten nicht. Es liegt ein positives Votum der oberösterreichischen Ethikkommission vor (27.1.2016).

Mitarbeiter an der Studie: Dr. Rudolf Puchner (FA für Innere Medizin und Rheumatologie, Wels), Mag. Alois Alkin (Soziologe, Ärztliches Qualitätszentrum, Linz), PD Dr. Herwig Pieringer (FA für Innere Medizin und Rheumatologie, Linz), Dr. Anna Labek (OÖ Gebietskrankenkasse), PD Dr. Daniel Aletaha (FA für Innere Medizin und Rheumatologie, Medizinische Universität Wien) und alle oberösterreichischen Rheumatologen und Ärzte, die Patienten mit rheumatoider Arthritis betreuen.

 

Literatur: Symmons et al., Br J Rheumatol. 1994 Aug;33(8):735-9
Aletaha et al., Ann Rheum Dis 2010;69:1580–1588

 

Dr. Rudolf Puchner, MSc, MBA
Akademische Ausbildung und Weiterbildungen:
10/2006 Master of Business Administration (Health Care Management) Wirtschaftsuniversität
Wien
07/2005 Master of Science (MSc): Management in Einrichtungen des Gesundheitswesens
Donauuniversität Krems
04/2005 Qualitätsmanager im Gesundheitswesen (ÖVK- Zertifikat, letzter Refresher 6/2015)
07/1995 Selbständiger Internist in der Praxis in Wels (Freiung 19)
02/1995 Addidivfacharzt für Rheumatologie
01/1992 – 07/1995 Oberarzt an der I. Internen Abteilung Wels
01/1991 Facharzt für Innere Medizin
01/1986 – 12/1990 AKH Wels Facharztausbildung Innere Medizin
03/1984 – 12/1985 AKH Wels Turnusausbildung
07/1983 – 02/1984 Militärdienst: Heeresspital Stammersdorf Wien
10/1976 – 06/1983 Medizinstudium: Promotion 09.07.83 in Wien

Publikationen und Lehre:
08/2012 Rheumatologie aus der Praxis – Lehrbuch der entzündlichen Gelenkerkrankungen. 2.
erweiterte Auflage 282 Seiten SpringerWienNewYork
08/2010 Rheumatologie aus der Praxis – Lehrbuch der entzündlichen Gelenkerkrankungen. 1.
Auflage 260 Seiten SpringerWienNewYork
08/2008 Loisl und Puchner Diagnose Rheuma – Lebensqualität mit einer entzündlichen
Gelenkerkrankung. 2. erweiterte Auflage 160 Seiten
08/2005 Loisl und Puchner Diagnose Rheuma – Lebensqualität mit einer entzündlichen
Gelenkerkrankung. 1. Auflage 150 Seiten
07/1998 Prof. Dr. Walter Pilgerstorfer- Preis 1998 für die
Publikation „ Komplikationen der diagnostischen und interventionellen Koloskopie in der „Wiener klinischen
Wochenschrift“
1996- 2016 Autor von 17 wissenschaftlichen Studien in peer reviewed Journalen (davon 13
Publikationen als Erstautor)
Ausbildungsassistent für Innere Medizin im AKH Wels
1993-1994 Lektor an der Akademie für Physiotherapie, Wels
Standespolitik:
seit 12/2014 Präsident elect der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR)
2011- 12/2014 Leiter der berufsständischen Sektion im Vorstand der österreichischen Gesellschaft für
Rheumatologie (ÖGR)
seit 2009 im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR)

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