Dienstag, April 16, 2024

Patienten mit Rheuma haben höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Patienten mit Rheuma sollten insbesondere bei erhöhtem kardiovaskulärem Risiko für Herz-Kreislauf auf einen gesunden Lebensstil achten. Ohne Rauchen, mit viel Bewegung und Normalgewicht.

Früher ist man davon ausgegangen, dass entzündlich-rheumatische Erkrankungen ausschließlich in den Gelenken Schäden verursachen. Heute ist allerdings belegt, dass Rheuma im ganzen Körper negative Auswirkungen verursacht, insbesondere auch im Herz-Kreislauf-System. Als Hauptursache dafür wird angesehen, dass chronische Entzündungsprozesse ein rascheres Voranschreiten von Arteriosklerose verursachen. Für Rheumapatienten ist daher besonders wichtig, auf einen gesunden Lebensstil zu achten und andere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhte Blutfettwerte zu reduzieren.

In einem aktuellen Review wurde errechnet, dass die Gesamtmortalitätsraten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis um das 1,3- bis 2,3-Fache, bei bei Morbus Bechterew (AS) um 1,5- bis Zweifache und bei Psoriasisarthritis (PsA) etwa um das 0,8- bis 1,6-Fache erhöht ist. Bei Rheumatoider Arthritis ist das kardiovaskuläre Risiko mit jenem von Diabetikern oder Bluthochdruckpatienten vergleichbar. Darüber hinaus gibt es auch Erkrankungen im breiten Spektrum der rheumatologischen Autoimmunerkrankungen, welche Herz und Gefäße direkt schädigen, v.a. Kollagenosen (wie SLE, systemische Sklerose) oder die Vaskulitiden (Gefäßentzündungen).

Bereits seit längerem bekannt ist, dass bei Rheumapatienten zum biologischen Alter etwa fünf bis 15 Jahre addiert werden müssen. Statistisch gesehen sterben Rheumapatienten rund sechs bis zehn Jahre früher, meist an Herzinfarkt oder Schlaganfall.

 

EULAR-Empfehlungen zum Herz-Kreislauf-Risiko für Rheuma-Patienten

Die Europäische-Liga (EULAR) hat Empfehlungen zum kardiovaskulären Risikomanagement für Patienten mit Rheumatoide Arthritis, Psoriasisarthritis und Morbus Bechterew formuliert. Demnach sollte das individuelle kardiovaskuläre Risiko jährlich bzw. bei Veränderungen des Therapieregimes evaluiert werden. Der Risiko-Score sollte bei Rheumapatienten mit dem Faktor 1,5 multipliziert werden, wenn zwei von drei Kriterien erfüllt sind:

  • Krankheitsdauer von mehr als zehn Jahren,
  • Positivität bezüglich Rheuma-Faktor oder ACPA (Antikörper gegen cyclisches citrulliniertes Peptid),
  • Vorliegen von extraartikulären Manifestationen.

Bei betroffenen Patienten gelten vor allem strengere Zielwerte für Bluttfette wie Cholesterin und insbesondere LDLCholesterin. Und zwar sollte man Werte wie bei Patienten mit Diabetes oder einem zurückliegenden kardiovaskulären Ereignis wie beispielsweise Herzinfarkt anstreben. Als bevorzugte Therapien werden zur Blutfettsenkung Statine sowie zur Blutdrucksenkung ACE-Hemmer und AT-II-Blocker empfohlen. Die Rolle der meisten nichtsteroidalen Antirheumatika bei kardiovaskulären Risiken ist nicht ausreichend geklärt. Daher sollten sie mit Vorsicht verschrieben werden, insbesondere auch bei Rheuma-Patienten mit bekannter Herz-Kreislauf-Erkrankung. Kortikosteroide sollten in der geringstmöglichen Dosis zum Einsatz kommen, da sie negative Effekte auf Blutzucker, Blutfette und Blutdruck haben können.

Hingegen können wirksame antientzündliche Therapien wie Methotrexat oder Biologika das kardiovaskuläre Risiko senken, und zwar nicht nur durch die Kontrolle der Entzündung und den Schutz der Gelenke vor Zerstörung, sondern auch durch die positive Beeinflussung metabolischer Parameter.

Darüber hinaus sollten Rheumap-Patienten insbesondere bei erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko auf einen gesunden Lebensstil achten. Das bedeutet: Betroffene Patienten sollten nicht rauchen, sich ausreichend bewegen und Normalgewicht anstreben.


Literatur:

von Hundelshausen P, Weber C. Chronische Entzündung und Atherosklerose [Chronic inflammation and atherosclerosis]. Dtsch Med Wochenschr. 2013 Sep;138(37):1839-44. German. doi: 10.1055/s-0033-1349426. Epub 2013 Sep 4. PMID: 24006166.

Agca R, Heslinga SC, van Halm VP, Nurmohamed MT. Atherosclerotic cardiovascular disease in patients with chronic inflammatory joint disorders. Heart. 2016 May 15;102(10):790-5. doi: 10.1136/heartjnl-2015-307838. Epub 2016 Feb 17. PMID: 26888573.

Peters MJ, Symmons DP, McCarey D, Dijkmans BA, Nicola P, Kvien TK, McInnes IB, Haentzschel H, Gonzalez-Gay MA, Provan S, Semb A, Sidiropoulos P, Kitas G, Smulders YM, Soubrier M, Szekanecz Z, Sattar N, Nurmohamed MT. EULAR evidence-based recommendations for cardiovascular risk management in patients with rheumatoid arthritis and other forms of inflammatory arthritis. Ann Rheum Dis. 2010 Feb;69(2):325-31. doi: 10.1136/ard.2009.113696. Epub 2009 Sep 22. PMID: 19773290.


Quelle:

Statement » Rheumapatienten tragen ein höheres Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems « von Prim. Univ.-Prof. Dr. Marcus Köller, Ärztlicher Direktor SMZ Sophienspital Wien, Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Geriatrie zuzm Welt-Rheuma-Tag, 2016.

 

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