Montag, April 22, 2024

Reitsimulator weniger anstrengend als auf richtigem Pferd

Um das Reiten zu trainieren, kann man auch einen Reitsimulator verwenden. Doch Reiten auf einem richtigen Pferd ist komplexer und anstrengender als auf dem Reitsimulator.

 

Seit einigen Jahren kann man mit einem Reitsimulator bestimmte Bewegungsabläufe trainieren. Forschende der Vetmeduni Vienna untersuchten erstmals, ob es für ReiterInnen einen Unterschied macht, am Pferd oder am Simulator zu trainieren. Das Ergebnis: Das Reiten auf einemReitsimulator ist körperlich weniger anstrengend und weniger komplex, jedoch stresst der Ritt auf einem Reitsimulator mitunter mehr als auf einem richtigen Pferd. Die Ergebnisse wurden im Journal of Equine Veterinary Science publiziert.

Ein Flugsimulator spielt für das Training von PilotInnen eine wichtige Rolle. Von einem Reitsimulator hört man seltener. Zwar wurde im französischen Saumur bereits 1987 der erste Reitsimulator zur Trainingsunterstützung eingesetzt, aber erst seit wenigen Jahren sind Reitsimulatoren für Dressur, Springen, Polo und den Rennsport im Handel erhältlich. Die wie ein Pferd aussehenden Geräte sind mit zahlreichen Sensoren auf Zügeln und Steigbügeln ausgestattet. Auf einem Bildschirm taucht der Reiter oder die Reiterin in eine Reitszene ein, die zu den Bewegungen des Pferdes passt.

 

Reitsimulator eignet sich vor allem für den Profireitsport

Vor allem Turnierreiter oder Jockeys im Galopprennsport können mit Simulatoren gezielt Bewegungsabläufe wiederholen, ihre Reithaltung optimieren, die Zügelführung und das Fallen vom Pferd üben. Bei Rennen kann beispielsweise der Endspurt gezielt trainiert werden. Jockeys nutzen Reitsimulatoren auch nach Verletzungen, um wieder fit zu werden. „Ein Reitsimulator verhält sich immer gleich. Man kann an ihm standardisiert trainieren“, so die Erstautorin der Studie, Natascha Ille von der Vetmeduni Vienna.

 

Ritt auf Reitsimulator verursacht mehr Stress

Ille und ihre KollegInnen haben am Graf-Lehndorff-Institut für Pferdewissenschaften, einer gemeinsamen Forschungseinrichtung der Vetmeduni Vienna und des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts in Deutschland, zwölf ReiterInnen auf einem Springparcours untersucht. Sie testeten Stresslevel und Herzschlagfrequenz während des Ritts auf einem Pferd und einem Reitsimulator.

 

Ritt auf dem Pferd ist eine größere Herausforderung als auf einem Reitsimulator

Die Herzschlagfrequenz der ReiterInnen war auf dem Pferd insgesamt höher als auf dem Reitsimulator. „Der Ritt auf einem Pferd ist eine größere Herausforderung für ReiterInnen als jener auf dem Reitsimulator. Die Bewegungsabläufe des Pferdes sind komplexer und die Reaktionen des Pferdes nicht hundertprozentig kalkulierbar. Ein Ritt auf dem Reitsimulator ist sowohl körperlich als auch psychisch weniger anstrengend für ReiterInnen“, erklärt Ille.

Das Forschungsteam analysierte auch die Veränderungen der Herzschlagfrequenz bei den ReiterInnen während des Springparcours. Die gemessenen Daten deuten darauf hin, dass das Training auf einem Pferd das sympathische Nervensystem stärker anregt als auf dem Reitsimulator. Das sympathische Nervensystem bewirkt insgesamt eine Leistungssteigerung des Organismus und versetzt den Körper in hohe Leistungsbereitschaft.

 

Mehr Stress auf Reitsimulator

Messungen des Stresshormons Kortisol im Speichel der ReiterInnen zeigten Stressreaktionen bei den ReiterInnen auf dem Reitsimulator. „Das kann daran liegen, dass der Ritt am Reitsimulator für die ReiterInnen ein ganz neues und ungewohntes Erlebnis war, während der Umgang mit Pferden für alle StudienteilnehmerInnen Routine ist“, so Ille.

 

Fazit. „Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass der Ritt auf einem Pferd wesentlich komplexer für den menschlichen Organismus ist als jener auf einem Reitsimulator“, so der Studienleiter Jörg Aurich. „Ein Reitsimulator könnte jedoch für Anfängerinnen und Anfänger eine gute Vorbereitung auf das eigentliche Reiten sein und bei fortgeschrittenen Turniersportlerinnen und Turniersportlern das Training mit dem Pferd ergänzen“.

Ein Reitsimulator kostet zurzeit etwa 40.000 Euro. In Österreich gibt es laut ExpertInnen noch kein Exemplar.

 

Literatur:

http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinfo2015/reit-simulator/

Der Artikel “Riding simulator training induces a lower sympathetic response in riders than training with horses”von Natascha Ille, Mareike von Lewinski, Christine Aurich, Regina Erber, Manuela Wulf, Rupert Palme, Bill Greenwood und Jörg Aurich wurde im Journal of Equine Veterinary Science veröffentlicht. doi:10.1016/j.jevs.2015.06.018

https://www.youtube.com/watch?v=b0zqWJUaZnk&feature=youtu.be

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