Donnerstag, April 18, 2024

Empfehlung zu Cortison bei Polymyalgia rheumatica

Deutsche, österreichische und Schweizer Experten haben nun neue Leitlinien zu Polymyalgia rheumatica nebst detaillierter Empfehlungen zur Therapie mit Kortison veröffentlicht.

Polymyalgia rheumatica (PMR) ist eine entzündlich-rheumatischen Erkrankung, die vor allem über 50-Jährige betrifft und innerhalb kürzester Zeit Schmerzen im Bereich des Schultergürtels verursacht, mitunter begleitet von Morgensteifigkeit und Hüftschmerzen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat zusammen mit den Fachgesellschaften in Österreich (ÖGR) und der Schweiz (SGR) sowie weiteren Organisationen eine Leitlinie zur Behandlung der Polymyalgia rheumatica erarbeitet. Von den gebündelten Empfehlungen erhoffen sich die Experten spürbaren Nutzen für die Patienten, da die Therapie bislang uneinheitlich gehandhabt wird. Ein frühzeitiger und konsequenter Einsatz von Cortison – Glukokortikoiden – kann die Beschwerden lindern und Folgen der Polymyalgia rheumatica verhindern.



 

Polymyalgia rheumatica – wenig bekannt, aber sehr häufig

Unter dem Strich ist die Polymyalgia rheumatica keineswegs selten. Obwohl diese Rheumaerkrankung in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Bei Personen im höheren Lebensalter ist sie nach der rheumatoiden Arthritis die zweithäufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung

Jedenfalls tritt die Erkrankung selten vor dem 50. Lebensjahr auf. Zudem sind Frauen dreimal häufiger betroffen als Männer. Neben Schmerzen im Schulter- und Beckengürtel können auch Fieber, Abgeschlagenheit und Appetitlosigkeit als Symptome auftreten. Die Erkrankung kann zusammen mit einer Riesenzellarteriitis auftreten. Das ist eine Entzündung der Arterien der Schläfen sowie andere Blutgefäße. In Europa sind übrigens nach Schätzungen 60 von 100.000 Personen im Alter ab 50 Jahren von einer Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis betroffen.

Im Unterschied zu anderen rheumatischen Erkrankungen gibt es bei der Polymyalgia rheumatica keinen spezifischen Bluttest. Ein Anstieg von Blutsenkungsgeschwindigkeit und C-reaktivem Protein zeigt jedoch, dass eine entzündliche Erkrankung vorliegt. Für eine sichere Diagnose muss man dann allerdings noch andere Erkrankungen ausschliessen.



 

Polymyalgia rheumatica mit Cortison behandeln

Die Behandlung besteht gemäß der S3-Leitlinie zur Behandlung der Polymyalgia rheumatica in der Gabe von Cortison. Die nimmt man oral ein. Also über den Mund. Die Therapie sollte man unmittelbar nach Stellung der Diagnose einleiten. Bei den meisten Patienten komme es zu einer raschen und deutlich ausgeprägten Linderung der Beschwerden. Viele Betroffene kommen dann ohne weitere Schmerzmittel aus.

Wie viel Cortison benötigt wird, ist von Patient zu Patient der Polymyalgia rheumatica verschieden. Entscheidend ist gemäß der Leitlinie jedoch, dass die Anfangsdosis ausreichend hoch ist. Damit man die Krankheit möglichst rasch unter Kontrolle bringen kann.

Um die Risiken und Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten, sollten die Patienten das Medikament morgens einnehmen. Das vermindert das Auftreten von Schlafstörungen und verringert die Beeinträchtigungen des Hormonsystems. Nach dem Abklingen der Beschwerden durch Polymyalgia rheumatica senkt man die Dosis von Cortison langsam, aber möglichst kontinuierlich ab.

Hierzu gibt es keine festen Vorgaben. Allerdings gibt es Empfehlungen, wie man die Dosis reduzieren sollte. Außerdem dazu welche Dosis nach welcher Zeit erreicht werden sollte.

Die Behandlungsdauer sollte so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich sein. Zudem sollte die eingesetzte Dosis so hoch wie nötig, sein. Aber auch so niedrig wie möglich. Nur so kann ein optimales Nutzen-Risiko-Verhältnis bei der Behandlung mit Glukokortikoiden erzielt werden.

 

Physiotherapie als Begleittherapie

Begleitend zur medikamentösen Behandlung mit Cortison sollte man vor allem bei älteren und gebrechlichen Personen mit Polymyalgia rheumatica eine Physiotherapie durchführen. Das soll verhindern, dass die Patienten im Verlauf der Erkrankung dauerhafte Einbußen in ihrer Beweglichkeit erleiden.

Unter dem Strich gibt es keine Alternativen zur Behandlung mit Glukokortikoiden. In Studien seien Patienten zwar teilweise erfolgreich mit sogenannten Biologika behandelt worden. Für eine Empfehlung seien die Erfahrungen derzeit noch nicht ausreichend. Langfristig sind die Aussichten für Betroffene mit Polymyalgia rheumatica bei einer leitliniengerechten Behandlung durch einen Rheumatologen gut. Viele Patienten erholen sich vollständig von der Erkrankung und benötigen nach einiger Zeit keine Medikamente mehr.






Literatur:

F.Buttgereit für DGRh,·T.Brabant für DGG,·H.Dinges für DGOOC,·I.Hiemer für Rheuma-Liga, M.Kaplani für DGIM, U.Kiltz, D.Kyburz für SGR,·A. Reißhauer für DGPMR, M.Schneider für DGRh, C.Weseloh, C.Dejaco für ÖGR. S3-Leitlinie zur Behandlung der Polymyalgia rheumatica. Zeitschrift für Rheumatologie, Springer Medizin Verlag, Juni 2018, Heft 5, Bd. 77 https://doi.org/10.1007/s00393-018-0476-8

Dasgupta B, Raine C. Polymyalgia rheumatica. In: Watts RA, Conaghan PG, Denton C, Foster H, Isaacs J, Müller-Ladner U (Hrsg.): Oxford Textbook of Rheumatology (4 ed.), Chapter 134. Oxford (Oxford University Press) 2013


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)

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