Mittwoch, April 24, 2024

Neue Erkenntnisse zu Pemphigus vulgaris

Körpereigene Antikörper greifen bei Pemphigus vulgaris knopfartige Strukturen an, sodass der Zusammenhalt von Hautzellen und Zellen der Schleimhäute verloren geht.

Unter dem Strich kommt es bei 80 % der Pemphiguserkrankungen zur Diagnose Pemphigus vulgaris. Diese tritt am häufigsten zwischen dem 4. und 6. Lebensjahrzehnt auf. Seltener ist der Pemphigus foliaceus, sehr selten sind andere Formen wie der paraneoplastische Pemphigus.

Bei Pemphigus vulgaris kommt es jedenfalls nahezu immer zu Schleimhautläsionen, wobei in den meisten Fällen die Mundhöhle betroffen ist. Etwa jeder zweite Patient mit Pemphigus vulgaris entwickelt zudem eine mukokutane Form mit Erosionen oder Blasen auf der Körperhaut. Hingegen kommt es beim Pemphigus foliaceus nie zu Schleimhautläsionen, deswegen kann es der Arzt daher schon klinisch auch nicht mit einem Pemphigus vulgaris oder auch einem paraneoplastischem Pemphigus verwechseln.

Forscher haben unlängst neue Regulatoren der sogenannten Zelladhäsion – der Bindung von Zellen an andere Zellen – in der Haut entdeckt und somit neue Erkenntnisse über die molekularpathologischen Vorgänge der hautablösenden Pemphiguserkrankungen gewonnen.

 

Pemphigus vulgaris (PV)

Desmosomen sind knopfartige Strukturen in Zellmembranen, die dazu dienen, benachbarte Zellen fest aneinander zu binden. Desmosomen kommen vor allem in Zellen und Geweben, die einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt sind, vor. Beispielsweise sind sie in der Haut zu finden. „Bei Pemphigus vulgaris werden diese Strukturen durch körpereigene Antikörper angegriffen, sodass die Adhäsion von Hautzellen – die Keratinozyten – und Zellen der Schleimhäute verloren geht“, erläutert Prof. Tikkanen. Die Biochemikerin ergänzt, dass dies zur Bildung von Blasen und Läsionen führe: „Für die betroffenen Patientinnen und Patienten kann das unter Umständen lebensbedrohliche Auswirkungen haben.“

 

Flotilline und Desmogleine

Die Arbeitsgruppe Tikkanen / Banning konnte unlängst zeigen, dass Proteine aus der Flotillin-Familie die Zelladhäsion in Keratinozyten regulieren, indem sie den Zusammenbau und die Auflösung von Desmosomen regulieren. Dabei treten Flotilline in direkten Kontakt mit den sogenannten Desmogleinen, die als Haftproteine in Desmosomen dienen. Wenn die Flotilline fehlen, so werden Desmogleine verstärkt abgebaut.

„Wenn sich die Menge von Desmogleinen in den Hautzellen verringert, so haften die Keratinozyten deutlich schwächer aneinander als in Anwesenheit von Flotillinen. Die Autoantikörper beeinflussen bei Pemphigus vulgaris jedoch nicht nur die Lokalisation von Desmogleinen, sondern auch von Flotillinen. Dies begünstigt vermutlich die Auflösung von Haftkontakten bei Pemphigus vulgaris. Diese Erkenntnisse über die molekularen Mechanismen sollen zukünftig dazu beitragen, neue Wirkstoffe zu entwickeln. Solche Substanzen sollen die Zellbindung von Keratinozyten bei der Pemphiguserkrankung verstärken und die Hautablösung verhindern.


Literatur:

Schmidt E, Sticherling M, Sárdy M, et al. S2k-Leitlinie zur Therapie des Pemphigus vulgaris/foliaceus und des bullösen Pemphigoids: 2019 Update. J Dtsch Dermatol Ges. 2020;18(5):516‐527. doi:10.1111/ddg.14097_g

Lynn Messersmith; Kevin Krauland. Pemphigus Vegetans. StatPearls [Internet]. Last Update: November 14, 2019.


Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen

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