Methylnaltrexon – ein sogenannter peripherer Opioid-Rezeptor-Antagonist – und ähnliche Wirkstoffe zeigen bei starken Schmerzen eine gute Wirkung.
Die schmerzlindernde Wirkung von Morphin wird zu einem großen Teil durch Opioid-Rezeptoren vermittelt, die außerhalb des Gehirns lokalisiert sind, wie Wissenschafter der Charité – Universitätsmedizin unlängst in einer Studie nachweisen konnten. Methylnaltrexon und ähnliche Wirkstoffe sind somit eine attraktive Alternative zur herkömmlichen Schmerztherapie.
Morphin und verwandte Opioide werden zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt, beispielsweise bei Krebserkrankungen oder nach Operationen. Allerdings haben diese Medikamente oftmals eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen, unter anderem Übelkeit, Müdigkeit und Atemdepression. Weiterhin besteht die Gefahr, dass Patienten abhängig werden.
Viele Ärzte und Wissenschaftler gingen bislang davon aus, dass die schmerzstillende Wirksamkeit der Opioide ausschließlich durch die Aktivierung von Opioid-Rezeptoren im zentralen Nervensystem (ZNS) – also im Gehirn und im Rückenmark – vermittelt wird. In den letzten Jahren häuften sich in der Grundlagenforschung jedoch die Hinweise, dass ein erheblicher Anteil der schmerzlindernden Wirkung durch Opioid-Rezeptoren vermittelt wird, die sich auf Nervenfasern außerhalb des Gehirns befinden.
Rezeptoren nach der Implantation eines künstlichen Kniegelenks
In einer klinischen Studie untersuchten Wissenschaftler um Prof. Christoph Stein, Direktor der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin, das Schmerzempfinden von Patienten nach der Implantation eines künstlichen Kniegelenks. Ein Teil der Patientengruppe erhielt nach der Operation den Wirkstoff Methylnaltrexon, einen sogenannten peripheren Opioid-Rezeptor-Antagonisten. Durch ihn werden die Opioid-Rezeptoren, die außerhalb des Gehirns lokalisiert sind, deaktiviert. Die Kontrollgruppe erhielt ein Placebo-Präparat. Es zeigte sich, dass die Patienten, die den Wirkstoff Methylnaltrexon erhielten, einen um 40 Prozent erhöhten Morphinbedarf hatten, um schmerzfrei zu sein, als die Patienten, die das Placebo erhielten.
Methylnaltrexon hat durch seine peripheren Opioid-Rezeptoren großes Potenzial für die Behandlung starker Schmerzen
Die Ergebnisse belegen das enorme Potential einer Schmerzstillung durch die peripheren Opioid-Rezeptoren und bilden einen wichtigen Ansatzpunkt für moderne Schmerzmedikamente. Das ist besonders für Patienten, die aufgrund einer langfristigen Einnahme von Opioidanalgetika unter Nebenwirkungen leiden und deswegen mit Methylnaltrexon behandelt werden, wichtig. Denn diese Patienten müssen damit rechnen, dass die schmerzstillende Wirkung der Opioide durch Methylnaltrexon oder ähnliche Wirkstoffe erheblich abgeschwächt wird.
Die Ergebnisse der Forscher belegen den erfolgreichen Wissenstransfer von der Laborbank zum Patientenbett ‚bench to bedside‘, denn sie untermauern die vorangegangene Forschung im Labor und Tierexperiment. Durch die vielversprechende Strategie einer peripheren Opioid-Rezeptor-Aktivierung könnten künftig sowohl limitierende Nebenwirkungen von Nicht-Opioid-Analgetika, wie beispielsweise Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure, als auch die schweren zentralen Nebenwirkungen von Opioiden umgangen werden.
Literatur:
Bild: Für Patienten mit starken Schmerzen – zum Beispiel nach einer Operation – steht mit Methylnaltrexon eine sehr attraktive Alternative zur Verfügung. © TTshutter / shutterstock.com