Donnerstag, März 28, 2024

Morbus Parkinson – Frühsymptome und Differential-Diagnostik

Frühsymptome von Morbus Parkinson führen viele Patienten zum Hausarzt, doch die Differential-Diagnostik der ersten Symptome ist sehr komplex.

Oft zeigt ein Parkinson-Patient anfangs im Rahmen der Frühsymptome einen Tremor oder die Kardinalsymptome Rigor sowie Hypokinese, dann bestehen jedenfalls kaum Schwierigkeiten bei der Diagnostik. Doch etwa 30 % der Morbus Parkinson-Erkrankungen verlaufen ohne Tremor und besonders in der Anfangsphase sind die Krankheitssymptome unspezifisch. Manchmal gibt dann erst eine Verlaufsbeobachtung Klarheit.

 

Parkinson Frühsymptome erkennen

Die ersten Symptome, mit denen meist der Allgemeinmediziner konfrontiert wird, sind unspezifisch und vielfältig. So kann das allgemeine Wohlbefinden des Patienten durch rasche Ermüdbarkeit und Einschränkung der Leistungsfähigkeit, bedrückte Grundstimmung, Depression und Schlafstörungen beeinträchtigt sein.

Weiters können Parästhesien, Muskelschmerzen und -verspannungen, Zittern und Schreibstörungen oder Haltungs- und Gangstörungen mit Ungeschick­lichkeit und Stürzen auftreten. Auch starkes Schwitzen, Obstipation und unklarer Gewichtsverlust treten häufig als Frühsymptome auf.

 

Fehldiagnosen und Differential-Diagnostik bei Morbus Parkinson

Das initiale Beschwerdebild kann starke Ähnlichkeit mit einer ­depressiven Erkrankung aufweisen. Die Erklärung für das Nichtansprechen auf eine antidepressive Therapie gibt dann womöglich erst der weitere Krankheitsverlauf des M. Parkinson. Oft werden Verlangsamung, Ungeschicklichkeit und Ermüdbarkeit auch dem normalen Alterungsprozess zugeschrieben und die spezifische Therapie dadurch verzögert begonnen.

Schmerzen an Rücken und Extremitäten können eine Krankheit des Bewegungsapparates vermuten lassen, Bandscheibenvorfall, HWS-Erkrankung, Intercostalneuralgie, Arthrose, Rheuma, Morbus Bechterew oder ­Myalgie sind nur einige der möglichen Fehldiagnosen. Eher an den Extremitäten lokalisierte Schmerzen haben Ähnlichkeit mit einem Karpaltunnelsyndrom oder Durchblutungsstörungen. Selbst ein Verdacht auf Angina pectoris kann sich erheben. Wird im Rahmen der Diagnosefindung mittels bildgebender Verfahren zusätzlich eine Beeinträchtigung des Bewegungs­apparates – im fortgeschrittenen Alter durchaus möglich – festgestellt, kann auch hier kostbare Zeit für die Parkinson-Therapie verstreichen.


Eine schwerwiegende Fehlmeinung ist, dass M. Parkinson nur in hohem Alter auftritt, obwohl tatsächlich etwa 8 % der Erkrankungen vor dem 40. Lebensjahr beginnen.


 

Zusätzliche Hinweise für M. Parkinson

Bestimmte Anzeichen, die erst bei eingehender Beobachtung des Patienten sichtbar werden, können den Arzt aber bei der Differential-Diagnostik trotzdem zur Diagnose Morbus Parkinson lenken. Schon der erste Eindruck von Körperhaltung, Bewegungsverarmung oder -verlangsamung beim Gehen, Setzen oder Auskleiden, eine verminderte Mitbewegung eines Armes beim Gehen und reduzierte Mimik und Gestik können Hinweise liefern.

Wichtig ist die ausführliche ­Anamnese, bei der auch auf den Entstehungsverlauf der Symptome eingegangen werden sollte. Ob sich das alltägliche Leben verändert hat, kann anhand der Fremdanamnese erkundigt werden, denn manche Veränderungen wie heisere Stimme oder Störung der Feinmotorik werden von der Umgebung oft schneller bemerkt.

Die Medikamentenanamnese als Fahnden nach Auslösern eines sekundären Parkinson-Syndroms und die Familienanamnese sind ebenfalls entscheidende Informationen. Wichtig ist bei all dem jedoch, dass man überhaupt die Kenntnis der Initialsymptome hat und die Möglichkeit einer Parkinson-Erkrankung in Betracht zieht, um frühzeitig eine fachärztliche, neurologische Untersuchung einzuleiten.

 

Untersuchungen nach Erkennen der Parkinson Frühsymptome

Der Verdacht auf M. Parkinson kann durch einige Untersuchungen überprüft werden. Eine systematische Untersuchung der Motorik zeigt oft schon im Frühstadium einen Rigor, häufig lokalisiert in den axialen Muskelgruppen (Schulter, Hals). Im Liegen wird die gesteigerte Muskelspannung am langsameren Zurückfallen des Kopfes auf die Unterlage erkennbar, auch Asymmetrien bei der Diadochokinese sind Zeichen dafür. Der Patient selbst beschreibt oft als Folge des erhöhten Tonus Schmerzen und Verspannungen. Eine Sonderform ist das Zahnradphänomen, ein von Tremor überlagerter Rigor.

Ein Ruhezittern verstärkt sich unter Anspannung und kann daher durch Kopfrechnen provoziert werden, Aktionszittern kann manchmal beim waagrechten Vorhalten der Arme auftreten. Startschwierigkeiten beim Gehen, reduzierte Ausgleichsschritte bei passiven Stößen gegen den Körper und mangelnde Abrollbewegung beim barfuß gehen sind ebenfalls kennzeichnend und zu überprüfen.

Schriftproben mit typischer Mikrographie sind hilfreich zur Dokumentation des Fortschreiten der Krankheit. Denn sie unterscheiden sich eigentlich im On- und Off-Zustand. Bestehen weiterhin Unsicherheiten, kann ein Therapieversuch mit L-Dopa im Falle eines Ansprechens die Diagnose bestätigen.

Im Weiteren sollte man jedenfalls eine Kernspin- oder Computertomographie des Kopfes anfertigen. Und zwar macht man das dazu, um andere und eventuell anders zu therapierende Parkinson-Syndrome auszuschließen zu können. Hat der Patient das 50. Lebensjahr noch nicht überschritten, ist auch die Kontrolle des Serum-Coeruloplasmin-Spiegels notwendig, um einen Morbus Wilson nicht zu übersehen.

 

Initialdiagnose M. Parkinson

Die definitive Initialdiagnose Morbus Parkinson hat der Neurologe zu stellen, denn dieser kann mitunter bereits in der Frühphase weitere Aspekte zur Differential-Diagnostik bemerken. Die Abgrenzung atypischer Parkinson-Symptome kann selbst für den Spezialisten schwierig sein.

Ganz besonders bei jüngeren Parkinson-Patienten zeigen sich oft atypische neurologische Symptome oder auch atypische MR- oder CT-Befunde. Zudem kann ein erfolgloser Behandlungsversuch mit L-Dopa vorliegen.

Dann erfolgt die Überweisung zum Facharzt für Neurologie oder in eine spezialisierte Ambulanz. Dort können auch nuklearmedizinische Verfahren oder der Apomorphin-Test zum Nachweis eines Dopaminmangels erfolgen oder der Zustand der striatalen Dopamin-Rezeptoren beurteilt werden.

Die nach der Diagnose fällige Entscheidung zur Therapie – ob zum gegebenen Zeitpunkt und welche Art der Behandlung – sollte durch die Kommunikation zwischen Hausarzt und Facharzt fallen. Eine neuerliche Überweisung ist bei Therapie-Intoleranz oder Veränderungen des Krankheitsverlaufs bedeutend.

 

Nicht parkinsonbedingte Tremorformen

Zusätzlich zum vorwiegend bei Parkinson auftretenden Ruhetremor mit einer Frequenz von etwa 5 Hz gibt es noch zahlreiche andere Ursachen eines Tremors: Ein grundsätzlich reversibler, physiologischer Tremor kann durch Stress, Kälte, Koffein, Katecholamine, Alkoholentzug, β-Agonisten, Carbamazepin, Valproinsäure, Lithium, Antidepressiva, Neuroleptika sowie Kalziumantagonisten verstärkt werden.

Eine familiäre Form ist der ­essentielle Tremor, der durch ­Aktions- und Haltetremor gekennzeichnet ist und ohne weitere neurologische Symptome besteht. Tremor kann weiters als senile Form altersbedingt sein. Oder er kann im Rahmen anderer innerer Erkrankungen auftreten. Dazu zählen beispielsweise die Hypoglykämie, die Hyperthyreose sowie ein Phäochromozytom.

Die neurologischen Erkrankungen Polyneuropathie, Dystonie und multiple Sklerose und andere extrapyramidale und zerebelläre Krankheiten können ebenfalls von einem Tremor begleitet sein. Da oftmals kein Dopmin-Mangel besteht, empfiehlt es sich, einen Tremor in ­einer Spezialambulanz abklären zu lassen, und nicht voreilig und wirkungslos mit einer ­dopaminergen Ersatztherapie zu behandeln.

Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen essentiellem sowie Parkinson-Tremor. Die Frequenz des essentiellen, meist familiär auftretenden Tremors ist etwa doppelt so hoch (8-10 Hz), beginnt schon im frühen Erwachsenenalter, ist langsam progredient und symmetrisch und zeigt keine Besserung auf L-Dopa. Beim oft asymmetrischen Parkinson-Tremor ist die Progredienz schneller und zusätzliche Parkinson-Symptome wie verkleinerte Schrift sind vorhanden.

Zusätzlich oder ausschließlich kann bei M. Parkinson aber auch ein höherfrequenter Haltetremor – vor allem der Hände – in Erscheinung treten.


Literatur:

Saman Zafar; Sridhara S. Yaddanapudi. Parkinson Disease. StatPearls [Internet]. Last Update: February 11, 2019.


Quelle: Frühdiagnostik – Differential-Diagnostik Morbus Parkinson – Frühsymptome und atypische Symptome. Univ.-Prof. Dr. Erwin Ott. MEDMIX 4/2006

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