Donnerstag, März 28, 2024

Hämorrhoiden: Symptome und Schmerzen in Gesäß und Analkanal

Unter Hämorrhoiden versteht man die anatomisch vorgegebenen arteriellen Gesäßkissen am Übergang vom Rektum zum Analkanal sowie ­deren Vergrößerung.

Es gibt nur innere Hämorrhoiden. Die fälschlicherweise so bezeichneten äußeren Hämor­­rhoiden sind stets prolabierte, vergrößerte innere Hämor­­rhoiden oder Marisken (= Hautläppchen) um die Analöffnung, die eben auch Schmerzen.



Für die Entstehung von Hämor­­rhoiden-Beschwerden einzig gesichert sind Schwangerschaft und Geburten, nicht aber die gemeinhin angenommenen Zusammenhänge mit Obstipation, Sport oder Bewegungsmangel, sitzender oder stehender Beruf etc. Hämorrhoiden werden nach Größe und Ausprägung des Prolaps (Vorfall) in folgende Stadien eingeteilt:

  • I: normaler Hämorrhoiden-Ring mit Symptom Blutung
  • II: Vorwölbung in den Analkanal
  • III: passagerer Prolaps
  • IV: permanenter Prolaps, irreponibel.

Jedenfalls ist das wesentlichstes Symptom die meist hellrote Blutung mit oder ohne Stuhlgang. Weiter sind Beschwerden durch Hämor­­rhoiden ein anales Druck­gefühl, Juckreiz, Brennen, seltener Schmerzen im Gesäß sowie der Prolaps. All diese Symptome rühren in etwa 50% der Fälle von anderen pathologischen Prozessen her. Nämlich von einer der folgenden Differenzialdiagnosen:

  • Perianale Thrombose: harmlose, spontane, schmerzhafte Bildung eines kleinen Koagels unter der Perianalhaut.
  • Analfissur: entzündeter, schmerz­­hafter Einriss im Analkanal.
  • Karzinom des Analkanals, oft ähnlich der Fissur.
  • Rektum-Polypen und -Karzinome können auch Blut absondern, was gelegentlich verhängnisvollerweise (ohne weitere Untersuchung) als Hämorrhoidalblutung interpretiert wird.
  • Anteriorer Mucosaprolaps: Schleimhautvorfall vom Rektum in den Analkanal, mit Blockierungsgefühl und frustranen Pressversuchen einhergehend.
  • Rektumprolaps, oft viele Zentimeter lang, circulär gefältelt.

 

Diagnose bei Hämorrhoiden

Die Diagnostik beginnt im Grunde genommen mit der Anamnese. Dazu stellt der Arzt gezielte Fragen nach Symptomen und berücksichtigt dabei das Schamgefühl, Intimsphäre sowie Angst vor einer Untersuchung und dem Behandlungsergebnis. Wichtig sind die Auslotung des Leidensdrucks und die Frage nach Dickdarmkrebs in der Familie.

Dann folgt die klinische Untersuchung in Linksseitenlage mit Inspektion, digitaler Palpation und schmerzloser starrer Endo­skopie:

  • Proktoskopie zur Beurteilung der Hämor­­rhoiden-Stadien, mit der Option zur gleichzeitigen einfachen Intervention;
  • Rektoskopie zur Beurteilung des Mastdarms (Tumoren, Entzündung).

Bei Menschen ab dem 45. Lebensjahr, familiärem Karzinomrisiko bzw. persistierenden Symptomen muss die Abklärung des Dickdarms durch Coloskopie oder Irrigoskopie ergänzt werden. Apparative Untersuchungen sind vor Operationen angezeigt, beispielsweise bei Enddarmobstipation oder bei manifester oder drohender Inkontinenz. Die endoanale Sonographie ortet Sphinkterdefekte, die anale Manometrie beurteilt die Sphinkterfunktion, die Defaekographie dient der bildgebenden Darstellung von Verformungen der Rektumwand wie Rectocele und Intussusception.



 

Verschiedene Therapiekonzepte

Unter dem Strich sollte ein Therapiekonzept berücksichtigen, dass man Hämor­­rhoiden aller Stadien ohne Beschwerden nicht behandeln muss. Ist eine Behandlung erforderlich, so sollte sie stadiengerecht sein. Das heißt Operationen sollten nur bei großen Hämor­­rhoiden (III, IV) erfolgen. Bei vorbestehender Beckenbodenschwäche sollte der Arzt keinen größeren Eingriff durchführen.

In der konservativen Therapie empfiehlt sich für Juckreiz, Brennen und Schmerzen die Anwendung von Hämorrhoidalzäpfchen, beschichtet mit lokal anästhesierender Salbe. An Bedeutung gewonnen hat die orale Therapie mit Flavonoiden für alle Hämorrhoiden-Stadien.

Für kleine Hämorrhoiden genügen Interventionen geringer Invasivität, ambulant durch das Proktoskop: Verödung, Infrarot­koagulation, Gummibandligatur. Großes Zukunftspotenzial für die Stadien II bis IV liegt in jenen Verfahren, die durch Operationsproktoskope abbinden und überschüssiges Hämorrhoidalgewebe raffen, oft ohne Narkose und ambulant durchzuführen:

  • HAL: Abbindung der mittels Ultraschall georteten Arterien.
  • RAR (Recto-Anal Repair): Raffung der Schleimhaut prolabierender Hämor­­rhoiden mit Nähten.

Seit Jahrzehnten gesichert ist das nachhaltige Heilungsergebnis der »konventionellen Hämorrhoidektomie« (OP nach Milligan-Morgan, Parks u.a.) mit Entfernung des überschüssigen Hämorrhoiden-Gewebes bei Hämorrhoiden III. und IV. Grades mit Leidensdruck. Einziger Nachteil sind passagere postoperative Schmerzen. Bei einer neuen Methode werden die Hämorrhoidalknoten (Gefäßpolster) mittels Laser verödet.

Bei der Klammernahtraffung oder Operation nach Longo setzt der Chirurg einen Ring von chirurgischen Heftklammern in den Mastdarm. Der Patient ist dabei unter Narkose. Den propagierten Vorteilen von völliger Schmerzlosigkeit und absoluter Schonung der Schließmuskulatur stehen Fallberichte über unerwartete Komplikationen, wie massive Stuhlinkontinenz und postoperative Schmerzen gegenüber. Die operative Entfernung der Klammern aus dem Enddarm (Agraffektomie) kann schließlich lindernd wirken.

 

Beeinträchtigte Lebensqualität

Jedenfalls können andauernde Beschwerden in der Region der Beckenorgane den Menschen das Leben vergällen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Probleme infolge einer Operation auftreten, die eigentlich lästiger Symptome verhindern sollte. Denn oft geht einem Eingriff das Versprechen voraus, dass die Beschwerden durch eine Operation verschwinden was dann aber nicht stimmt. Diese proktologische Philosophie ist bei jeder medizinischen Handlung in Zusammenhang mit dem Hämorrhoidalleiden zu berücksichtigen.

Die klassischen drei Frus­trationen nach Eingriffen sind schließlich:

  • erstens ein unbefriedigendes Ergebnis von Interventionen aufgrund falsch interpretierter Symptome.
  • Zweitens eine postoperative Stuhlinkontinenz, zumeist bei der »Risikogruppe Frau« aufgrund einer Vorschädigung der Becken­bodenmuskulatur nach Geburten.
  • Drittens überraschende Komplikationen nach so genannten ­»sicheren« Verfahren.




Quellen:

Update Hämorrhoiden. Univ.-Prof. Dr. Max Wunderlich. MEDMIX 9/2008.

http://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/hemorrhoids/basics/definition/con-20029852

https://www.niddk.nih.gov/health-information/health-topics/digestive-diseases/hemorrhoids/Pages/facts.aspx

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