Donnerstag, April 25, 2024

Glioblastome mit Schwerionen-Therapie effektiver behandeln

Mittels Bestrahlung mit Schwerionen kann das Immunsystem ein resistentes Glioblastom effektiver angreifen und seine Krebszellen vernichten.

Glioblastome sind die häufigsten bösartigen Hirntumoren bei Erwachsenen. Da die Tumoren gegen gängige Krebstherapien resistent sind, haben sie eine sehr schlechte Prognose. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg konnten unlängst zeigen, dass eine Bestrahlung mit Schwerionen diese Therapieresistenz bei einem Glioblastom möglicherweise überwinden und die Krebszellen vernichten könnte.

 

Das Glioblastom ist eine tückische Erkrankung.

Einerseits kann man zwar ein Glioblastom bei einer Operation zum größten Teil entfernen. Andererseits ist dieser Hirntumor aber extrem invasiv. Wobei immer einige Krebszellen in das gesunde Hirngewebe wandern. Diese lassen sich durch die Operation nicht entfernen. Die Erkrankung kann daher durch in ihrem Fortschreiten etwas verlangsamt, aber nicht geheilt werden.

Ein weiterer Grund für die schlechte Prognose ist, dass Glioblastome sowohl auf die Chemotherapie als auch auf die Strahlentherapie wesentlich schlechter ansprechen als andere solide Tumoren. Im Anschluss an die Operation wird eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie durchgeführt. Dadurch verlängert sich die Überlebenszeit auf durchschnittlich 15 Monate. Eine weitere Besonderheit der Glioblastome, dass wenn bei Glioblastom-Patienten erneut ein Tumor auftritt, dann fast immer in der Nähe der Stelle, an der der Primärtumor saß.

 

Bestrahlung bei Glioblastom mit Schwerionen

Die Medizin setzt deshalb bei Glioblastome auf innovative lokale Therapien wie die Bestrahlung mit Schwerionen. Davon erhofft man sich eine bessere Wirksamkeit. Das ist in der Therapie von Glioblastomen auch dringend notwendig. Denn die bösartigen Hirntumoren enthalten neben den normalen Krebszellen auch solche, die besonders widerstandsfähig gegenüber herkömmlichen Therapien sind. Hierzu gehören zum einen die von Natur aus widerstandsfähigen Tumorstammzellen. Zum anderen die sogenannten hypoxischen Zellen, die aus dem inneren Bereich des Tumors stammen, in dem meist Sauerstoffmangel herrscht.

Eine Studie zeigte dazu, dass eine Schwerionen-Therapie in der Lage ist, auch diese beiden besonders widerstandsfähigen Arten von Krebszellen der Glioblastome zu zerstören.

Bei der herkömmlichen Strahlentherapie wird der Tumor mit Photonen bestrahlt. Diese Energieteilchen zerstören die Krebszellen nicht selbst, sondern erzeugen in den Zellen reaktive Sauerstoffmoleküle, so genannte „Radikale“, die wiederum das Erbgut der Krebszellen zerstören. Tumorstammzellen sind allerdings in der Lage, diese Sauerstoff-Radikale zu neutralisieren. Zusätzlich verringert der Sauerstoffmangel im Inneren des Tumors die Entstehung dieser hochwirksamen Sauerstoff-Radikale, so dass auch die hypoxischen Zellen die Bestrahlung überleben können.

Der Umweg über die Sauerstoff-Radikale ist bei der Bestrahlung mit Schwerionen dagegen nicht notwendig, denn sie vernichten die Tumorzellen bei Glioblastome  direkt. Dazu verwendeten die Wissenschaftler in der Studie Kohlenstoff-Ionen, die unmittelbar am Erbgut der Krebszellen komplexe Schäden verursachen, die weder Tumorstammzellen noch hypoxische Zellen reparieren können.

 

Immunsystem aktivieren

Doch mit den schweren Kohlenstoff-Ionen lassen sich nicht nur besonders widerspenstige Krebszellen zerstören. Die Bestrahlung führt außerdem dazu, dass sich das Tumormilieu verändert. Glioblastome sind Tumoren, gegen die das Immunsystem des Körpers wenig ausrichten kann. Die Zellen dieser Hirntumoren haben im Vergleich zu manchen anderen Tumorarten eine wesentlich geringere Anzahl an Mutationen. Anhand derer könnten sie die Abwehrzellen des Immunsystems als „fremd“ identifizieren. Darüber hinaus hindert die Blut-Hirn-Schranke viele Abwehrzellen daran, ins Gehirn zu gelangen, um dort Tumorzellen zu bekämpfen.

Darüber hinaus sondern die hypoxischen Zellen im Tumorinneren als Folge der herkömmlichen Bestrahlung mit Photonen Substanzen ab, die die Immunabwehr hemmen. Die Vernichtung der hypoxischen Zellen durch Kohlenstoff-Ionen (Schwerionen) verändert das Tumormilieu so, dass das Immunsystem das Glioblastom eventuell leichter angreifen können.

Für künftige neue Therapiestrategien könnte dies von entscheidender Bedeutung sein. Denn bei der Behandlung verschiedener anderer Krebsarten haben sich neue Immuntherapien mit so genannten Checkpoint-Inhibitoren als sehr erfolgreich erwiesen haben. Allerdings scheinen diese gegen Glioblastome kaum etwas ausrichten zu können.

Hierzu konnten die DKFZ-Wissenschaftler zeigen, dass nach Bestrahlung mit Kohlenstoff-Ionen die Abwehrzellen des Immunsystems besser an den Tumor gelangen. Dabei bleiben immunsuppressive Signale aus. Daher planen die Forscher nun, in Zukunft die Schwerionen-Strahlen auszunutzen, um ein Glioblastom zu schwächen.

Denn eine Vorbehandlung mit Schwerionen könnte ermöglichen, dass Immun-Checkpoint-Inhibitoren sowie andere Immuntherapien auch bei Glioblastom besser wirken.


Literatur:

Chiblak S, Tang Z, Lemke D, Knoll M, Dokic I, Warta R, Moustafa M, Mier W, Brons S, Rapp C, Muschal S, Seidel P, Bendszus M, Adeberg S, Wiestler OD, Haberkorn U, Debus J, Herold-Mende C, Wick W, Abdollahi A. Carbon irradiation overcomes glioma radioresistance by eradicating stem cells and forming an antiangiogenic and immunopermissive niche. JCI Insight. 2019 Jan 24;4(2):e123837. doi: 10.1172/jci.insight.123837. PMID: 30674721; PMCID: PMC6413779.


Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

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