Donnerstag, März 28, 2024

EULAR 2017: Neues bei Rheuma

Was gibt es Neues bei Rheuma: der Kongressbericht vom EULAR 2017 in Madrid informiert über 15 herausragende neue Studienergebnissen.

Rheumatische Gelenksentzündungen mit geschwollenen und äußerst schmerzenden Gelenken gelten immer noch als Schreckgespenst für die Bedrohung unserer Gesundheit. Dabei hat sich die Situation dank dem rasanten wissenschaftlichen Fortschritt in den letzten Jahren deutlich verbessert. Neue Diagnosekriterien erlauben eine frühe Erkennung bei Rheuma. Der gezielte schnelle Einsatz von hervorragenden neuen Medikamenten läßt in vielen Fällen die Entzündung sogar komplett stoppen. Das Ziel bei rheumatischen Entzündungen wie der rheumatoiden Arthritis, der Psoriasisarthritis, den seronegativen Spondarthritiden aber nicht zuletzt auch bei den Kollagenosen ist das Erzielen einer kompletten Remission. Also ein Zustand, bei dem keine entzündliche Aktivität nachzuweisen ist. Außerdem haben wir es bis zu einem bestimmten Grad selbst in der Hand, ob wir Rheuma bekommen.

 

Am EULAR 2017 in Madrid

Beim EULAR 2017 – der diesjährigen Jahrestagung der „European League against Rheumatism“ (EULAR) – in Madrid vom 14. bis 17. Juni berieten rund 14.000 Teilnehmer aus fast 120 verschiedenen Ländern über neue Diagnose- und Behandlungsstrategien bei rheumatischen Leiden. Die Schwerpunkte lagen einerseits bei den neuen Therapieoptionen, den „Small Molecules“ für die rheumatoide Arthritis, der Entwicklung neuer Biologika und Biosimilars für die Psoriasisarthritis und den Morbus Bechterew sowie bei der Früherkennung rheumatischer Entzündungen, um den Erhalt gesunder Gelenke bis ins Alter zu gewährleisten. Eine besondere Rolle spielt aber auch unser Lebensstil, der sich nicht nur bei der Therapie sondern auch auf die Prävention rheumatischer Entzündungen entscheidend auswirken kann.

 

Rasche Diagnose wichtig

Fast zwei Millionen Österreicher leiden an rheumatischen Beschwerden. Das Stadium, in dem Rheuma diagnostiziert wird, ist entscheidend für den weiteren Krankheitsverlauf. Experten sprechen von einem „therapeutischen Fenster“ innerhalb der ersten drei Monate nach Ausbruch einer Gelenksentzündung. Der rasche Beginn einer effektiven Behandlung in diesem Zeitraum führt oft zu einem kompletten Stopp des rheumatischen Leidens. Sämtliche Symptome wie Schmerzen, Schwellungen, Morgensteifheit, Bewegungseinschränkungen und ein Kraftverlust der entzündeten Gelenke, Muskeln oder der Wirbelsäule können vollständig verschwinden.

Bei zu später Diagnose greift die Entzündung dagegen Gelenke, Wirbelsäule, Sehnen und Muskeln an und zerstört den Gelenksknorpel. Dadurch nützen sich die betroffenen Gelenke rasch ab, verformen sich, werden steif und unbeweglich. Diesen Vorgang kann man dann leider nicht mehr rückgängig machen.

Gerade bei chronischen Gelenksentzündungen wie der rheumatoiden Arthritis (früher chronische Polyarthritis) oder der Psoriasisarthritis (Kombination Schuppenflechte mit Gelenksentzündung) und Wirbelsäulenentzündungen wie dem Bechterew zählt jeder Tag. Nicht nur, weil die Schmerzen oft unerträglich sind. Sondern auch, weil Gelenke und Wirbelsäule durch die aggressive Entzündung oft binnen weniger Wochen zerstört werden. Die Betroffenen können sich zum Teil kaum noch bewegen. Aber selbst so schwere Erkrankungen lassen sich heute wirkungsvoll bekämpfen. Laut jüngsten wissenschaftlichen Studien führt eine medikamentöse Intervention in den ersten drei Monaten zum Erhalt einer völlig normalen Körperfunktion ohne Beeinträchtigungen bei bis zu 60% aller Rheumatiker. Dafür ist aber die frühe Diagnose und Therapie Voraussetzung. Deshalb sollte jeder Betroffene bei unklaren Gelenksbeschwerden, die länger als drei Wochen andauern, sofort einen Rheumaspezialisten aufsuchen. Dieser stellt anhand der vorliegenden Symptome die Diagnose. Diverse Bluttests mit Bestimmung von Rheumafaktoren, Röntgenuntersuchungen und in letzter Zeit der frühe Einsatz von Gelenksultraschall und Magnetresonanztomographie bestätigen die Diagnose.

 

Unser Immunsystem ist krank

Die Ursache von Gelenks- und Wirbelsäulenentzündungen ist eine Störung unseres Immunsystems, welches außer Kontrolle gerät, überaktiv ist und sich gegen unseren eigenen Körper richtet. Über eine Aktivierung diverser Zellen und Botenstoffe des Immunsystems kommt es zu einer entzündlichen Reaktion, wobei neben Gelenken, Wirbelsäule und Muskeln auch innere Organe wie Niere, Lunge, Herz oder Leber betroffen sein können. Dadurch entstehen Schmerzen, Schwellungen aber auch Allgemeinsymptome wie Fieber, Schwitzen und starkes Krankheitsgefühl.

 

Biologische Medikamente

Den wirklichen Durchbruch in der Rheumatherapie hat die Entwicklung von neuen Medikamenten gebracht, welche die überaktiven Zellen und Botenstoffe unseres Immunsystems bremsen, die eben die Gelenksentzündungen hervorrufen.

Diese neuen Präparate werden „Biologika“ genannt. Biologika wirken nicht nur auf die Symptome des Rheumaleidens, sondern beeinflussen vor allem den Verlauf der Krankheit mit der Möglichkeit eines kompletten Stopps. Biologika werden entweder als Infusion verabreicht oder vom Patienten selbst subcutan, also unter die Haut, gespritzt.

Je früher diese Medikamente eingesetzt werden, desto besser wirken sie. Die Behandlung ist aber natürlich in jedem Stadium von Gelenks- und Wirbelsäulenentzündungen sinnvoll.

 

Rheumarisiko selbst bestimmen

Alle Untersuchungen bestätigen, daß Rauchen den schädlichsten Einfluß auf die Entstehung von Gelenksentzündungen hat. So ist bei jungen Frauen, die rauchen, das Risiko für die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis 16-fach erhöht im Vergleich zu Nichtraucherinnen. Auch bei der Therapie gilt, daß eine Nikotinkarenz genauso wichtig ist wie eine effektive medikamentöse Behandlung.

Neu ist der Zusammenhang zwischen dem „metabolischen Syndrom“ und Rheuma. Übergewichtige Menschen mit Diabetes mellitus und hohen Blutfetten haben ein signifikant höheres Risiko an Rheuma zu erkranken. Auch der Konsum von Softdrinks führt gerade bei Frauen zu einer Verdoppelung des Rheumarisikos. Dabei genügt schon ein Cola am Tag, wobei Light-Drinks nicht besser abschneiden.

Regelmäßiges körperliches Training und Gewichtsreduktion führen dagegen zu einer 50%igen Verbesserung des Krankheitsverlaufes und gleichzeitig zu einer deutlichen Verbesserung der Stimmungslage. Denn Depressionen haben gravierende Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf und müssen deshalb erkannt und behandelt werden.

Vitamin D ist zwar in erster Linie für die Knochenstärkung zuständig. Ein ausgeprägter Mangel, wie er im Winter in unseren Breiten häufig ist, erhöht massiv das Schmerzempfinden und den Leidensdruck. Eine Substitution mittels Tropfen oder Tabletten ist sehr einfach durchführbar.

Das einzige, was wir nicht beeinflussen können, ist das genetische Risiko. Personen mit Rheumafällen in der Familie (besonders Eltern und Geschwister) haben ein deutlich höheres Risiko an Rheuma zu erkranken als Menschen mit gesunden Familien. Dabei spielen die Rheumafaktoren im Blut eine große Rolle.

 

Bluttest für Rheumarisiko

Wer nämlich im Blut hohe Rheumafaktoren und Antikörper gegen citrullinierte Proteine (ACPA) hat, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten 5 Jahren an einer Gelenksentzündung erkranken. Menschen mit einem Rheumarisiko sollten sich daher regelmäßig untersuchen lassen, damit bei Ausbruch der ersten Symptome sofort mit der richtigen Therapie begonnen wird. Denn selbst bei unklaren Gelenkbeschwerden und hohen Rheumafaktoren im Blut entwickelt sich bei fast 50% eine rheumatoide Arthritis innerhalb von einem Jahr.

Neueste Studienergebnisse vom EULAR 2017

Aus den zahlreich am EULAR 2017 präsentierten neuen Studien sind die folgenden Ergebnisse besonders herausragend:


1. Eine neue Generation von Rheumamedikamenten ist verfügbar: die sogenannten Small Molecules.

Darunter versteht eine Gruppe neuer Medikamente mit kleiner Molekülmasse, die man oral verabreichen kann. Die wirksamen Bestandteile dieser Arzneien sind so klein, daß sie durch die Zellwände in den Zellkern eindringen und dort die Entzündung hemmen. Im Gegensatz zu den bisher zur Verfügung stehenden Biologika (als Infusion oder subcutan), die nur einzelne Botenstoffe (Zytokine) oder ganze Zellpopulationen des Immunsystems angreifen, um die rheumatischen Entzündungen zu stoppen, greifen die Small Molecules in den Zellen (intrazellulär) verschiedene Informationswege an, sind also breiter aufgestellt. Mit diesen Arzneien können auf einmal sehr viele Zytokine blockiert werden.

Der erste bei uns zugelassene Vertreter dieser neuen Medikamente ist „Apremilast (Otezla®)“ zur Behandlung der Psoriasis (Schuppenflechte) und der Psoriasisarthritis. Tofacitinib (Xeljanz®), in der Schweiz und USA bereits seit 2012 erhältlich, und Baricitinib (Olumiant®), beides Januskinase (JAK)-Inhibitoren zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis, sind seit wenigen Monaten nun auch in Österreich verfügbar. Von großem Vorteil sind der meist sehr rasche Wirkungseintritt sowie die kurze Halbwertszeit.


2. Lifestyle beeinflußt den Therapieerfolg.

Bestimmte Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Übergewicht spielen einerseits bei der Entstehung und Auslösung rheumatischer Entzündungen wie der rheumatoiden Arthritis, der Psoriasisarthritis und den Spondarthritiden eine große Rolle und können andrerseits den Therapieerfolg bei rheumatischen Erkrankungen deutlich reduzieren. Die Chance, unter einer Therapie mit DMARD´s eine Remission zu erzielen, nimmt bei adipösen Rauchern dramatisch ab. Frauen sprechen generell schlechter auf eine Therapie an. Die Daten stammen aus der multizentrischen, prospektiven Canadian Early Arthritis Cohort (CATCH).

Eine andere retrospektive Kohortenanalyse bei Patienten mit Psoriasisarthritis zeigte auf, daß männliche Patienten mit höherem Alter bei Krankheitsbeginn und höherem BMI (Body Mass Index) am häufigsten Komorbiditäten wie kardiovasculäre Erkrankungen, Depression, Diabetes mellitus, Osteoporose, Nieren- und Lebererkrankungen sowie gastrointestinale Krankheiten und Infektionen zeigten und ein höheres Risiko von Hospitalisierung aufwiesen.

Bewegungsmangel und Soft-Drinks wirken sich auf den Verlauf rheumatischer Erkrankungen ebenfalls ungünstig aus.


3. Rauchen und Passivrauchen

Rauchen induziert die Citrullination von Eiweißen in unserem Körper. In der Folge kommt es zur Bildung von bestimmten Autoantikörpern (ACPA), die den Ausbruch von rheumatischen Entzündungen wie der rheumatoiden Arthritis begünstigen. Besonders oft ist dieses Phänomen zu beobachten, wenn andere Familienmitglieder an rheumatoider Arthritis leiden.

Alle aktuellen wissenschaftlichen Studien bestätigen, dass Nikotinkonsum bei der Entstehung von Gelenks- und Wirbelsäulenentzündungen wie auch der Schuppenflechte (Psoriasis) Risikofaktor Nummer eins ist. Bei jungen Frauen, die rauchen, ist die Wahrscheinlichkeit, an einer rheumatoiden Arthritis zu erkranken, 16-fach erhöht im Vergleich zu Frauen, die nicht rauchen. Auch bei einer Therapie ist ein Nikotinverzicht mittlerweile genauso wichtig wie eine medikamentöse Behandlung.

Eine neue Studie zeigt nun auch einen Zusammenhang zwischen Passivrauchen und der Entstehung einer rheumatoiden Arthritis. Wer in der Kindheit eine Stunde am Tag dem Zigarettenqualm ausgesetzt ist, ist bereits gefährdet. Wer später dann noch selbst aktiv raucht, hat eine besonders hohes Risiko.

Eine andere Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen chronischen Durchfällen und der Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis. Ein mikrobielles Ungleichgewicht im Darm dürfte ein weiterer Auslöser für die gefürchtete Gelenksentzündung sein.


4. Algenöl als Zusatztherapie

Die mehrfach ungesättigte Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) zählt zu den Omega 3 Fettsäuren. Sie wird von Mikroalgen produziert und kommt in sämtlichen Lebewesen vor, die sich von diesen Alten ernähren. Einen besonders hohen Gehalt weisen fette Meeresfische wie Lachs und atlantischer Hering auf.

Eine neue  Studie berichtet über eine gute therapeutische Wirkung bei zusätzlich täglicher Einnahme von 2,1g DHA in Form von Algenöl. Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis wiesen nach 10 Wochen Therapie eine signifikante Besserung der Beschwerden und der Entzündungsmarker auf. Die Behandlung mit Algenöl ersetzt aber keinesfalls die medikamentöse Basistherapie und ist nur als Zusatz gedacht.


5. Lebenserwartung bei Rheumatoider Arthritis

Patienten mit einer Rheumatoiden Arthritis haben eine um 15% weniger lange Lebenserwartung im Vergleich zu gesunden Personen, was effektiv ca. 10 Jahre ausmacht. Dies ist nun erstmals offiziell in einer großen Studie bestätigt. Die gute Nachricht: durch eine effiziente Therapie, besonders mit den neuen Biologika, können auch bei Rheumapatienten eine normale Lebenserwartung erzielt und gleichzeitig gesunde Gelenke erhalten werden.


6. Zahnfleischentzündung und Rheumatoide Arthritis (RA)

Weltweit besteht eine Assoziation der RA mit einer Periodontitis, insbesondere bei einer Keimbesiedelung durch Porphyromonas gingivalis. Und dies in allen Ethnizitäten. Besonders bei anti-CCP positiven Menschen. Die Periodontitis ist auch bei CCP-Positivität gehäuft und dürfte vor dem Ausbruch der RA vorliegen. Generell entwickelt ein hoher Anteil von Individuen mit ACPA/RF im Verlauf eine RA.

Die Risikofaktoren für die Bildung von ACPA sind ähnlich wie die für die Erkrankung an  RA (Rauchen, weibliches Geschlecht). Autoimmunphänomene (ACPA, RF) treten oft Jahre vor Ausbruch der RA auf (prä-RA?).


7. Ganz neu zu Biologika

Bislang hat man immer gefürchtet, daß unter Biologika durch die Beeinflussung des Immunsystems vermehrt schwere Infektionen auftreten. Eine neue Studie zeigt aber genau das Gegenteil: Biologika verbessern die Überlebenschance bei schweren Infektionen und Sepsis (Blutvergiftung), da der Spiegel des Zytokins TNF-alpha durch Biologika niedriger wird. Und TNF-alpha ist auch für schwere Entzündungen verantwortlich.


8. Hautmanifestationen bei Psoriasisarthritis (PsA)

Die Hautmanifestationen bei der Schuppenflechte haben großen Einfluss auf die Psyche. Wenn die Haut nicht in Ordnung ist, verspüren die Patienten auch mehr Schmerzen in den Gelenken. Die Depression ist auch eine der häufigsten Folgekrankheiten bei rheumatischen Leiden und gehört unbedingt erstgenommen und behandelt.


9. Neue Medikamente bei Psoriasisarthritis (PsA)

Secukinumab (Cosentyx®), ein Interleukin 17A monoklonaler Antikörper ist in den USA schon als first line Medikament zur Behandlung der Schuppenflechte nach erfolgloser lokaler Therapie mit äußerlich anwendbaren Präparaten zugelassen und zeigt erstaunlich gute Resultate. Die offizielle EU-Zulassung für die Indikationen Plaquepsoriasis (PsO), PsA und ankykosierende Spondylitis (AS) liegt vor. Neben Haut und Arthritis werden auch die für diesen Formenkreis typischen Symptome wie Daktylitis und Enthesitis positiv beeinflußt.

Bei PsO wie auch bei PsA sind chronische Darmentzündungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn häufig. Secukinumab hat keinen Einfluß auf den Verlauf dieser Darmentzündungen.

In Studien sehr erfolgreich läuft auch eine duale Inhibition von IL-17A und IL-17F gleichzeitig mit dem humanisierten monoklonalen Antikörper Bimekizumab.

Auch der bei uns neu verfügbare IL12/IL23 Antikörper Ustekinumab (Stelara®), zeigt hervorragende Ergebnisse und ist eine neue Alternative zu den anderen Biologika (TNF-Blocker). Und dann noch das erste Small Molecule Apremilast, bei uns auch schon zugelassen. In Studien getestet wird derzeit der Januskinase Inhibitor Tofacitinib.


10. Thight Control

Bestätigung der Erkenntnis, daß eine engmaschige Betreuung von Rheumapatienten und die Setzung eines therapeutischen Zieles wie vollständige Remission, also Verschwinden aller Beschwerden, für den Erfolg äußerst hilfreich sind.


11. Axiale Spondarthritis (axSpA)

Die Früherkennung von „Bechterew Patienten“ wird immer wichtiger, um die Versteifung der Wirbelsäule zu verhindern. Das Leitsymptom ist der „entzündliche Rückenschmerz“, der sich von anderen Rückenschmerzen gut abgrenzen läßt. Die Frühdiagnose ist möglich durch Bestimmung des genetischen Faktors HLA B27, hoher Entzündungswerte und pathologischem Röntgen der Kreuzdarmbeingelenke. Der frühe Einsatz einer Magnetresonanztomographie (MRT) mit dem Nachweis  von Knochenmarksödem Läsionen im Iliosacralgelenk und der Wirbelsäule hat einen hohen diagnostischen und prognostischen Wert. Ein neuer nützlicher Marker zur Diagnosesicherung der axSpA ist die Bestimmung von IgA anti-CD 74, der bei 2/3 der Patienten mit gesicherter Diagnose nachweisbar ist. Auch mit Hilfe der neuen Klassifikationskriterien für die axSpA läßt sich die Erkrankung viel früher verifizieren und damit behandeln.

Der Einsatz von TNF-Inhibitoren verringert nachweislich die Röntgenprogression (Ankylosierungen). Die Gabe von NSAR verstärkt diesen Effekt.

Der neue IL-17A Antagonist Secukinumab zeigt in den vorliegenden Studien zumindest ähnlich gute Ergebnisse wie TNF-Inhibitoren.

12. Riesenzellarteriitis und Polymyalgia rheumatica

Die Ursache dieser sehr schmerzhaften Muskelentzündungen ist eine Störung unseres Immunsystems, das plötzlich überaktiv wird und sich gegen den eigenen Körper richtet.

Die Polymyalgia rheumatica beginnt meist akut über Nacht mit heftigen Muskelschmerzen im Nacken, Schulter- und Beckengürtel sowie Oberarme und Oberschenkel. Eine deutliche Morgensteifigkeit, eine Muskelschwäche aber auch Müdigkeit und ein starkes Krankheitsgefühl sind typisch für diese rheumatische Erkrankung. Bei vielen Erkrankten treten zusätzlich Gelenksentzündungen und  -schwellungen auf.

Bei Blutuntersuchungen findet man die typischen Anzeichen einer schweren Entzündung. Marker wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und CRP sind stark erhöht.

Bei ca. 10% der Patienten liegt gleichzeitig eine Entzündung der Blutgefäße (Riesenzellarteriitis), vor allem der Schläfenarterien und Hirngefäße, vor. Das ist sehr gefährlich und benötigt sofortige Behandlung.

Die Therapie bestand bislang in der Verabreichung von Kortisonpräparaten, die beim Langzeiteinsatz oft mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden waren. In den letzten Jahren empfahlen die offiziellen Guidelines den zusätzlichen Einsatz von Methotrexat, einem Basismittel zur Beruhigung des gestörten Immunsystems.

Erstmals ist nun ein Biologikum zur Behandlung der Gefäß- und Muskelentzündung zugelassen: der IL-6 Antikörper Tocilizumab, der schon seit Jahren äußerst erfolgreich zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis verfügbar ist. Die Verabreichung besteht in einer subcutanen Injektion pro Woche.


13. Kollagenosen

Bei dieser Gruppe von Autoimmunerkrankungen gibt es nun auch die Forderung einen kompletten Stillstand der Erkrankung zu erzielen. Erstmals werden bei diesen Krankheiten auch Biologika eingesetzt (Benlysta bei Lupus) oder getestet (Tocilizumab bei Systemischer Sklerose).


14. Gicht

Eine neue schmerzlose Untersuchungsmethode erlaubt eine sichere Diagnose von Gichtkristallen. Es handelt sich dabei um eine spezielle Computertomographie (Dual Energy CT), mittels derer die Gichtkristalle richtig schön grün aufleuchten. Bislang war immer die teilweise sehr schwierige Punktion von Gelenken zum Nachweis der Harnsäurekristalle notwendig. Man glaubt gar nicht, wo überall Harnsäurekristalle zu finden sind und Beschwerden auslösen, die man vorab niemals mit Gicht in Zusammenhang bringen würde (z.B. Tennisellbogen, Rückenschmerzen usw.). Auch für die Gicht gibt es ein neues Biologikum, den IL 1 Antagonisten Ilaris®. Ist in Österreich schon zugelassen.


15. Begleiterkrankungen bei rheumatischen Entzündungen

Der Fokus lag bislang bei Herz-Kreislauferkrankungen. Genauso wichtig sind Niere und Lunge. Rheumapatienten sollten daher regelmäßig mittels einer Harnuntersuchung und Lungenfunktion überprüft werden.

 

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