Donnerstag, März 28, 2024

Eingriffe zur Korrektur von Descensus genitalis: Prolaps-OP als Therapie-Option

Zur Therapie des Descensus genitalis, einer Senkung der Gebärmutter und der Scheide, stehen unterschiedliche Prolaps-OP-Verfahren zur Verfügung.

Der Zusammenhang zwischen Lebensqualität und Descensus hat in den letzten Jahren sehr an Bedeutung zu genommen. Und somit ist das auch beim Management eines Descensus genitalis beziehungsweise Prolaps der Fall. Im Vordergrund stehen die Bedürfnisse der Frauen unabhängig vom tatsächlichen, objektivierbaren Ausmaß des Descensus. Trotz vieler unterschiedlicher OP-Verfahren bei Descensus genitalis wie der Prolaps-OP sind diese Therapie-Optionen im Zusammenhang mit Rezidiven häufig nicht zufriedenstellend.

Als Descensus genitalis bezeichnet man fachlich eine Senkung der Gebärmutter und / oder der Scheide. Die Senkung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Wobei sogar ein Vorfall der Organe vor den Scheideneingang vorkommen kann.



Arten des Descensus

Anatomisch ist der Becken­boden in drei Kompartimenten eingeteilt. Das vordere oder anteriore Kompartiment mit vorderer Vaginalwand, Urethra und Harnblase. Weiter mittleres oder mediales Kompartiment mit Uterus, Zervix, Scheidenstumpf und Douglas Raum. Und schließlich hinteres oder posteriores Kompartiment mit hinterer Vaginalwand und Rektum.

Die Art des Descensus richtet sich nach dem Organ, das tiefer getreten ist, wobei mehrere Organe gleichzeitig absinken können:

  • Descensus Uteri: Tiefertreten des Uterus; entsteht durch eine Überdehnung der Ligamente, an denen der Uterus im kleinen Becken aufgehängt ist (Ligamentum cardinale, Ligamentum vesico-uterinum, Ligamentum sacro-uterinum).
  • Zystozele: Tiefertreten der vorderen Scheidenwand (Harnblase, Harnröhre), verursacht durch eine Schwächung des festen Bindegewebes der Beckenboden-Faszie (Fascia endopelvina) oder ein Ausreißen dieser Faszie an der Beckenwand.
  • Rektozele: Tiefertreten der hinteren Scheidenwand (Rektum), ebenfalls verursacht durch eine Überdehnung der Fascia endopelvina.
  • Descensus des Scheidenblindsacks (Apex) oder Enterozele: Tiefertreten des innersten Anteils der Scheide nach einer Uterusexstirpation aufgrund einer mangelnden Verankerung der Scheide an den Ligamenten, an denen der Uterus aufgehängt war.

 

Klassifikation des Descensus

Die klinische Klassifizierung erfolgt üblicherweise mit Descensus I., II. und III. Grades. Die Leitebene ist die Vulvaebene bzw. die Ebene durch den Introitus vaginale (Hymenalsaum). Solange ein Descensus den Introitus nicht erreicht, spricht man von einem Descensus ers­ten Grades.

Wenn die vordere oder hintere Scheidenwand, die Portio oder das Scheidenblindsackende bis zum Introitus oder über diesen hinaustreten, dann handelt es sich um einen Descensus zweiten beziehungsweise dritten Grades. Bei einem Totalprolaps stülpen sich der Uterus oder die Scheide vollständig aus.

Diese Klassifizierung ist sehr verbreitet, da der Senkungsgrad relativ einfach anhand einer gynäkologischen Untersuchung festgestellt werden kann. Eine andere von der International Continence Society (ICS) empfohlene Klassifikation ist das POPQ (Pelvic Organ Prolapse Quantification)-System.

Hierbei werden definierte Punkte der Scheide gemessen und können optisch in einem Schema dargestellt werden. Dieses Verfahren ist zwar etwas aufwändiger, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung.



Ursachen, Risikofaktoren und Symptome

Der Descensus wird durch drei Faktoren verursacht: Bindegewebsschwäche, erhöhte intraabdominalen Druck und Beckenbodenmuskulaturdefekte. Risikofaktoren sind daher schwere Geburten, regelmäßig schwere körperliche Belastung durch Arbeit oder Sport, chronische Belastungen wie Raucherhusten und Adipositas.

Die Wahrscheinlichkeit, einen Vorfall zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter. Die Beschwerden werden von den betroffenen Frauen sehr unterschiedlich wahrgenommen und stehen nicht unbedingt in Korrelation zum Descensus-Grad.

Typische Symptome sind häufig ein Druck- oder Fremdkörpergefühl im Unterleib, Probleme bei der Kohabitation (Dyspareunie), Miktions- bzw. Defäkationsproblemen.

 

Diagnostik durch gynäko­logische Untersuchung

Nach einer ausführlichen Anamnese wird der Grad des Descensus in erster Linie durch die gynäkologische Spiegel- und Tastuntersuchung beurteilt. Eine rektale Untersuchung ist notwendig, um das Ausmaß einer Rektozele oder Enterozele festzustellen. Eine urodynamische Abklärung dient zur Evaluierung von Blasenproblemen.

Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen oder MRI haben für die Diagnostik nur einen geringen Stellenwert, da sie nur wenig mehr Informationen liefern als die gynäkologische Spiegel- und Tastuntersuchung.

 

Konservative Therapie des Descensus genitalis

Zur konservativen Therapie zählen in erster Linie die lokale Östrogenisierung, Beckenbodentraining und Pessartherapie. Beim Beckenbodentraining kann lediglich der muskuläre Anteil des Beckenbodens gestärkt werden, die Lockerung des Bindegewebes kann damit nicht rückgängig gemacht werden.

Pessare verhindern das Tiefertreten der Blase oder der Portio, stellen aber keine kausale Therapie eines Descensus dar. Eine Pharmakotherapie zur Behebung der Beckenbodeninsuffizienz ist nicht möglich.



Invasive Therapie des Descensus genitalis – Prolaps-OP

Bei OP des Descensus genitalis oder Harninkontinenz kommen zunehmend Fremdmaterialien zum Einsatz. Die Industrie bietet eine große Anzahl von synthetischen, halbsynthetischen oder tierischen Materialien an.

Sehr beliebt ist Prolene, zu dem es jahrzehntelange Erfahrungen aus der Allgemeinchirurgie gibt. Bei Verwendung von Fremdmaterial besteht grundsätzlich die Gefahr von Infektionen, von Durchwanderung des Fremdmaterials in Nachbarregionen (Scheide, Blase, Rektum) und die Gefahr von vermehrter Narbenbildung. In den seltensten Fällen ist eine Explantation notwendig.

Zu den klassischen Eingriffen zählen u.a. die vaginale sacrospinale Fixation nach Amreich bei Descensus des Scheidenblindsacks, Kolporrhaphia anterior (vordere Plastik) bei Zystozele und die Kolporrhaphia posterior (hintere Plastik) bei Rektozele. Nur mehr selten angewendet wird die Kolpokleisis (Scheidenverschluss). Bei diesen Verfahren wird das Gewebe angehoben und fixiert.

Bei Rezidiven, bei hochgradigem Descensus und wenn der Eindruck besteht, dass nur sehr wenig bzw. schwaches Bindegewebe vorhanden ist, kann das neue Prolift-Mesh-Verfahren angewendet werden. Dies gilt auch bei ausdrücklichem Wunsch der Patientin nach Erhalt des Uterus und Kohabitationsfähigkeit. Eine präoperative Aufklärung der Frauen über Risiken und Vorteile ist unbedingt notwendig.


Literatur:

Onwude JL. Genital prolapse in women. BMJ Clin Evid. 2012;2012:0817. Published 2012 Mar 14.


Quellen:

Neue operative Methode mit Prolene-Mesh bei genitalem Prolaps. Univ.-Prof. Dr. Paul Riss. MEDMIX 8/2006

Leitlinienprogramm » Diagnostik und Therapie des weiblichen Descensus genitalis «

Related Articles

Aktuell

Steviosid: Eine revolutionäre Alternative zu Zucker

Mit seiner Süßkraft, die deutlich stärker ist als die von Zucker, hat Steviosid (ohne jegliche Kalorien) die Welt der Süßstoffe revolutioniert. Mit einer Süßkraft, die...
- Advertisement -

Latest Articles

Digital Detox: Der Weg zu einer besseren Männergesundheit

Die Entscheidung für einen Digital Detox ist ein Schritt hin zu bewussterem Leben und Arbeiten. In unserer heutigen, digital dominierten Welt ist es kaum noch...

Gartenmelde und seine Heilwirkung

Die Gartenmelde kommt in der Volksmedizin mit seiner diuretischen (harntreibenden) Heilwirkung als Brechmittel und als Abführmittel zum Einsatz. Gartenmelde ist ein vielseitiges Kraut in Küche...

Biosimilars in der Therapie der Psoriasis

Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars mit Original-Biologika für die Behandlung von Psoriasis lässt Fragen offen. Bei der Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Psoriasis...