Freitag, April 19, 2024

Patienten mit Diabetes und Erkrankungen der Gefäße immer jünger

Diabetes ist einer der bedeutsamsten Risikofaktoren für Erkrankungen der Gefäße. Wobei die betroffenen Patienten immer jünger werden.

Mehr als acht Millionen Menschen in Deutschland haben Diabetes, einer der bedeutsamsten Risikofaktoren für Erkrankungen der Gefäße. Tendenz steigend: Auf bis zu zwölf Millionen wird die Zahl der Diabetiker bis zum Jahr 2040 ansteigen, so Schätzungen. Besonders erschreckend: Die Patientinnen und Patienten werden immer jünger! Die Blutgefäße mancher 50-Jährigen sehen aus wie die von 80-Jährigen. Deshalb plädiere ich für eine bessere Vorbeugung und schonende Therapien.

Die Hauptursache für diesen negativen Trend ist Übergewicht. Die Menschen ernähren sich zu ungesund, greifen oft auf Fast Food zurück. Dazu kommt, dass sich die meisten Menschen zu wenig bewegen. Die Corona-Zeit hat diesen Trend leider noch verstärkt. Die Pandemie macht viele Menschen passiv.

 

Übergewicht und Diabetes

Übergewicht und Diabetes sind eng miteinander verbunden. Denn bei stetig zunehmendem Körpergewicht wird mehr Insulin benötigt. Die Bauchspeicheldrüse schafft es dann nicht mehr, immer mehr Insulin zu produzieren. Glukose gelangt nicht mehr zu den Zellen, sondern staut sich im Blut an. Der Blutzuckerwert steigt.

Es gibt konkrete Werte, ab denen ein Mensch als übergewichtig eingestuft wird. Hierfür wird der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) herangezogen. Liegt der BMI zwischen 25 und 29, handelt es sich um Übergewicht. Die Fettleibigkeit, medizinisch Adipositas, beginnt bei einem BMI von 30.

Durch das Übergewicht werden auch das Herz und der Kreislauf enorm belastet. Der Blutdruck ist bei Übergewichtigen höher und das Herz muss stärker pumpen. Das schädigt auf Dauer das Herz. Auch in puncto Herzinfarkt werden die Patienten immer jünger, da die Herzkranzgefäße durch erhöhte Cholesterinwerte und den hohen Blutdruck verengen können.

Doch Diabetes wird immer noch häufig unterschätzt. Vor allem von jüngeren Menschen, die sich nicht vorstellen können, an dieser „Alterskrankheit“ zu leiden. Tatsächlich waren früher vor allem ältere Menschen betroffen.

 

Erkrankungen der Gefäße als Folge von Diabetes

Diabetes ist gefährlich. Die Erkrankung kann zu schwersten Durchblutungsstörungen führen. Der übermäßige Zucker und hohe Cholesterinwerte im Blut schädigen vor allem die Blutgefäße. Es kommt zu Ablagerungen, die Gefäße verengen sich und können schließlich komplett verschließen. Besonders gefährdet sind die Füße: Die Blutgefäße sind besonders klein und können dadurch leichter „verstopfen“. Die Folge: Der betroffene Körperteil wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, er stirbt ab.

Im schlimmsten Fall droht eine Amputation. Von 60000 Amputationen, die jährlich in Deutschland durchgeführt werden, sind etwa 40 000 die Folge von Diabetes. Tendenz ist auch steigend. Diese hohe Amputationsrate ist ein Desaster und muss in einem hochentwickelten Land wie Deutschland wirklich nicht sein. Es gibt hervorragende Therapien, um die Blutgefäße wieder zu öffnen.

Mein Appell: Besser vorbeugen. Gesunde Ernährung ist das A und O bei der Behandlung von Diabetes. Sport ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Diabetestherapie. Denn während des Sports wird vermehrt Blutzucker aus dem Blut in die Muskelzellen transportiert. So senkt Sport auf natürliche Weise den Blutzucker.

Oft bekommt man die Krankheit mit einer gesunden Lebensweise in den Griff. Deswegen ist es auch wichtig, regelmäßig zur Ärztin oder zum Arzt zu gehen und die Blutgefäße untersuchen zu lassen. Stellt die Angiologin oder der Angiologe starke Gefäßschäden oder Gefäßverschlüsse fest, können diese sehr schonend minimal-invasiv behoben werden. Selbst winzige Gefäße in den Füßen können heute wieder geöffnet werden. Hierfür gibt es beispielsweise Mini-Fräsen. Es ist heute auch möglich, den Blutfluss umzuleiten. Beim sogenannten LimFlow-Verfahren, auch venöse Arterialisierung genannt, umgeht man die krankhaften und verschlossenen Arterien und leitet den Blutfluss in die Vene.


Quelle:

Gefäßpatientinnen und -patienten werden immer jünger. STATEMENT Dr. med. Dipl. oec. med. Michael Lichtenberg, FESC, Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA), Chefarzt der Klinik Angiologie am Klinikum Hochsauerland der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 16. Diabetes Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA), Düsseldorf November 2022.

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