Freitag, April 19, 2024

Wenn Schmerzen chronisch werden, ist oft die Behandlung unzureichend

Wenn Schmerzen chronisch werden, akzeptieren das die Betroffenen oft als begleitendes Übel und nehmen eine unzureichende Behandlung hin.

Unter dem Strich ist Schmerz ein allgegenwärtiges, häufiges Symptom verschiedener Erkrankungen beziehungsweise Verletzungen. Wenn Schmerzen aber länger anhalten und chronisch werden, können sie zu einer eigenständigen, quälenden Erkrankung werden. Man spricht von einer Chronifizierung von Schmerzen mit deutlicher Beeinträchtigung des einzelnen Patienten.
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass eine derartige, beeinträchtigende Chronifizierung von Schmerzen Millionen Europäer betrifft. Dabei leiden viele dieser Menschen an chronischen Schmerzen, die nicht ein Krebsleiden verursacht hat. Wobei mit der Stärke der Beeinträchtigung die Lebensqualität der Betroffenen deutlich sinkt. Infolge kommt es zu einem langen Leiden sowie hohen Kosten für die Gesundheitssysteme.

 

Verschiedene Ursachen für die Chronifizierung von Schmerzen

Im Grunde genommen kann eine Chronifizierung von Schmerzen verschiedene Ursachen haben. Besonders häufig sind chronische Rückenschmerzen, die aus einem akuten Ereignis heraus entstehen oder auch ohne erkennbare Ursache auftreten. Denn nur bei etwa 10 Prozent der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen kann man eine klare körperliche Ursache als Auslöser finden.

Weiter können auch Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen sowie Schmerzen durch Operationen über jahrelang bis sogar lebenslang anhalten. Oft akzeptieren Betroffene es anfangs als begleitendes Übel, wenn ihre Schmerzen chronisch werden. Beispielsweise im Rahmen einer Erkrankung – akzeptiert und aus vielen verschiedenen Gründen teilweise nur unzureichend therapiert. Dies kann aber schon einer der Auslöser dafür sein, dass es zur Chronifizierung von Schmerzen kommt.

 

Wen Schmerzen durch schlechte Therapie der Akutschmerzen chronisch werden

Vor allem wenn akute, postoperativer Schmerzen chronisch werden, hat sich gezeigt, dass eine unzureichende Behandlung der Akutschmerzen der Grund dafür ist. Mit anderen Worten sind anhaltende, chronische Schmerzen oft mit einer Operation verbunden.

Es gibt aber auch ganz andere Faktoren, Auslöser und verstärkende Abläufe, die Ursache dafür sind, wenn chronisch Schmerzen werden. Jedoch nimmt man das auch heutzutage oft immer noch nicht ernst genug. Obwohl man es großteils verhindern könnte, dass Schmerzen chronisch werden. Denn es gibt klare Risikofaktoren, die dazu beitragen können, dass ein Patient eher dazu neigt als ein anderer, dass aus akuten Schmerzen chronische Schmerzen werden.

Das Nichterkennen dieser Risiken verlängert deutlich den rechtzeitigen Beginn einer richtigen Therapie, um die gefürchtete Chronifizierung von Schmerzen aufzuhalten beziehungsweise zu verhindern. Denn wenn der Schmerz bereits chronisch ist, ist die Behandlung schwierig. Dann ist ein Leben ohne Schmerzen für betroffene Patienten oft nicht mehr möglich.

Neueste Ansätze sind deshalb das frühzeitige Erkennen von Anzeichen einer Chronifizierung bei Patienten mit akuten oder subakuten Schmerzen.

 

Frühzeitig erkennen: Risikofaktoren, die darauf hindeuten, dass Schmerzen chronisch werden

Es wäre sehr wünschenswert, wenn man frühzeitig erkennen könnte, welche Patienten nach einer Operation chronische Schmerzen entwickeln. Dann könnte man früh Risikopatienten definieren und diese dann besonders intensiv und effektiv behandeln.

Wenn man also Patienten mit einem hohen Risiko, dass ihre Schmerzen chronisch werden, frühzeitig erkennen kann, so ist es manchmal möglich, eine solche Chronifizierung zu verhindern. Zumindest lässt sich dadurch die Schwere der Chronifizierung oft verringern. Der Erfolg einer Schmerztherapie ist unter anderem davon abhängig, wie früh eine effektive Therapie eingeleitet wird.


Literatur:

Häuser W, Schmutzer G, Henningsen P, Brähler E. Chronische Schmerzen, Schmerzkrankheit und Zufriedenheit der Betroffenen mit der Schmerzbehandlung in Deutschland. Schmerz 2014; 28:483-492.

Pogatzki-Zahn EM, Meissner W. Postoperative Schmerztherapie in Deutschland. Status quo. Schmerz. 2015; 29(5):503-9. doi: 10.1007/s00482-015-0039-8.

Fletcher D, Stamer UM, Pogatzki-Zahn E, Zaslansky R, Tanase NV, Perruchoud C, Kranke P, Komann M, Lehman T, Meissner W; euCPSP group for the Clinical Trial Network group of the European Society of Anaesthesiology. Chronic postsurgical pain in Europe: An observational study. Eur J Anaesthesiol. 2015; 32(10):725-34.

Kaiser U, Sabatowski R, Azad SC. Multimodale Schmerztherapie: eine Standortbestimmung. Schmerz. 2015; 29(5):550-6. doi: 10.1007/s00482-015-0030-4.


Quelle:

Statement »Damit der Schmerz nicht zum täglichen Begleiter wird: Chronifizierung wirksam verhindern«. Professor Dr. med. Esther Pogatzki-Zahn, Tagungspräsidentin und Oberärztin an der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Münster anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V.,Oktober 2016, Mannheim

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...