Dienstag, April 16, 2024

Buprenorphin – Opioid gegen chronische Schmerzen sicher und effektiv

Aktuelle Studien belegen, dass das Opioid Buprenorphin eine sichere und wirksame Therapieoption gegen starke chronische Schmerzen darstellt.

Aktuelle Studien haben in den letzten Jahren die Sicherheit und Wirksamkeit des Buprenorphin gegen starke chronische Schmerzen bestätigt. Das Opioid könnten auch dazu beitragen, den Schmerzmittelkonsum der Betroffenen insgesamt zu senken. Jedenfalls scheint ein Buprenorphin-Pflaster auch für Palliativpatienten geeignet zu sein.

 

Opioid Buprenorphin gegen chronische Schmerzen

In unseren Breiten leiden Millionen Menschen an chronischen Schmerzen. In besonders schweren Fällen helfen Opioide. Durch eine allzu sorglose Vorordnungspraxis in den USA ist die Sicherheit dieser Substanzgruppe zuletzt verstärkt in Diskussion.

Eine systematische Übersichtsarbeit (Fishman) von fünf aktuellen Studien attestierte im Vorjahr dem Opioid Buprenorphin eine gute Sicherheit und Wirksamkeit. Beispielsweise zeigte davon eine der Studien, dass die Anwendung von Buprenorphin-Pflaster die tägliche Opioid-Dosis insgesamt reduzieren kann. Dabei evaluierten die Forscher die Daten von über 31.500 Patienten mit einem neu verordneten Buprenorphin-Pflaster im Studienzeitraum.

Wobei diese Patienten insgesamt einen hohen Medikamentenverbrauch aufwiesen. Denn 88 Prozent hatten bereits Opioide in den letzten sechs Monaten vor der Verschreibung des Pflasters erhalten. 80 Prozent hatten – meist begleitend zur transdermalen Verordnung – ein sofort wirksames Opioid verschrieben bekommen.

Während der durchschnittlich 100-tägigen Anwendung des Pflasters sank ihre gesamte Opioidbelastung um 24 Prozent, konkret von 74,5 auf 42,8 Morphin-Milligramm-Äquivalente pro Tag.

 

Buprenorphin nicht zu vorsichtig dosieren

Aus anderen Studien geht hervor, dass die Buprenorphin-Dosierung ausreichend hoch sein muss, damit das Opioid wirksam ist. Allgemein verschreiben Ärzte ihren Patienten oft aus Angst vor gefährlichen Nebenwirkungen Opioide zu schwach dosiert. Wenngleich eine geringe Dosierung anfangs sinnvoll ist.

Denn so kann der Behandler herausfinden, ob der Patient das Medikament verträgt und darauf anspricht. Danach muss der Arzt jedoch die Dosis in engmaschigen Untersuchungen bis zur gewünschten Wirkung erhöhen.

 

Opioidpflaster für Palliativpatienten geeignet

Eine andere aktuelle Studie (Golcic) verglich die Sicherheit unterschiedlicher Opioidpflaster bei 292 älteren Patienten, die in einem Hospiz betreut wurden.

Eine kurative Behandlung war bei ihnen nicht mehr möglich, ihre prognostizierte Überlebenszeit lag bei weniger als drei Monaten. Bei 75,8 Prozent der Patienten wurden Fentanylpflaster eingesetzt, um die chronischen Schmerzen zu lindern, bei 24,1 Prozent Buprenorphin-Pflaster. Die Gruppen waren hinsichtlich Alter, Geschlecht und vorhandenen Krankheiten vergleichbar.

Was das Überleben der Patienten betraf, so zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen, obwohl die eingesetzten Opioide pharmakologisch sehr unterschiedlich sind. Die Patienten der Fentanylgruppe lebten knapp 1,5 Tage länger.  Auch ob zusätzlich Co-Analgetika verabreicht wurden, beeinflusste das Ergebnis nicht. Egal, ob es andere Opioide oder NSAIDs (Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs) waren.

 

Buprenorphin und seine aktuelle Bedeutung

Für Palliativpatienten sind Buprenophin sowie Fentanyl wichtige Opioid-Medikamente in ihrem letzten Lebensabschnitt. Opioidpflaster sind eine gute Wahl insbesondere für schwer kranke Patienten, die nicht schlucken können oder orale Opioide nebenwirkungsbedingt nicht vertragen. Die Wahl der Medikation ist von individuellen Faktoren abhängig.

Während Buprenorphin eine starke Wirksamkeit bei nozizeptiven und neuropathischen Schmerzen zeigt, kann Fentanyl vor allem zur Behandlung nozizeptiver Schmerzen eingesetzt werden. Jedenfalls scheint Buprenorphin die kognitive Funktion geringer zu beeinträchtigen als andere starke Opioide. Außerdem hat der Wirkstoff einen geringeren immunsuppressiven Effekt.

Buprenorphin verursacht weniger Obstipation als andere µ-Agonisten und keine Kontraktion des Sphinkter Oddi. Daher eignet es sich gut zur Behandlung viszeraler Schmerzen. Wenn die Betroffenen an einer eingeschränkten Nieren- oder Leberfunktion leiden, so ist Buprenorphin ebenfalls empfehlenswert.

Übrigens gibt es vor allem in den USA einen regen Schmarzmarkt mit teils stark schwankenden Strassenpreise. Mit mehr Verschreibungen von Buprenorphin und einem sehr günstigen Preis könnten man diesem Schwarzmarkt entgegenwirken. Das würde auch die Behandlung der Opioidabhängigkeit verbessern und dazu beitragen, die Opioid-Epidemie in den USA zu lindern.


Literatur:

Infantino R, Mattia C, Locarini P, Pastore AL, Maione S, Luongo L. Buprenorphine: Far Beyond the „Ceiling“. Biomolecules. 2021 May 31;11(6):816. doi: 10.3390/biom11060816. PMID: 34072706; PMCID: PMC8230089.

Michael A. Fishman & Phillip S. Kim. Buprenorphine for Chronic Pain: a Systemic Review. Current Pain and Headache Reports (2018) 22: 83, https://doi.org/10.1007/s11916-018-0732-2.

Golčić, M., Dobrila-Dintinjana, R., Golčić, G., & Gović-Golčić, L. (2018). Differences between Transdermal Fentanyl and Buprenorphine in the Elderly Hospice Patients. Pain research and treatment, 2018, 8610538. doi:10.1155/2018/8610538

Hswen Y, Zhang A, Brownstein JS. Leveraging black-market street buprenorphine pricing to increase capacity to treat opioid addiction, 2010-2018 [published online ahead of print, 2020 Apr 27]. Prev Med. 2020;106105. doi:10.1016/j.ypmed.2020.106105


Quelle: 18. Österreichische Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft

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