Freitag, April 19, 2024

Blutkrebs: verträglichere Therapie

Blutkrebs: Europaweite Studie untersucht verträglichere Therapie bei älteren Menschen

Überschwemmt vom Blutkrebs: Ausstrich einer Knochenmarksprobe; Bei der Akut Myeloischen Leukämie (AML) vermehrt sich ein Vorläufertyp der weißen Blutkörperchen (Myeloblasten, dunkel eingefärbt) übermäßig und verdrängt andere Blutzell-Typen (transparent). Durch die neuartige Therapie wird diese Zell-Vermehrung gestoppt. © Universitätsklinikum Freiburg
Überschwemmt vom Blutkrebs: Ausstrich einer Knochenmarksprobe; Bei der Akut Myeloischen Leukämie (AML) vermehrt sich ein Vorläufertyp der weißen Blutkörperchen (Myeloblasten, dunkel eingefärbt) übermäßig und verdrängt andere Blutzell-Typen (transparent). Durch die neuartige Therapie wird diese Zell-Vermehrung gestoppt. © Universitätsklinikum Freiburg

Neuartige Leukämiebehandlung könnte stark belastende Chemotherapie bei Risikopatienten ersetzen oder ergänzen / Studie misst auch die Lebensqualität der Patienten – bei einer häufigen Form von Blutkrebs (akute myeloische Leukämie, AML) ist eine Chemotherapie bislang die Standardbehandlung, trotz starker Nebenwirkungen und schlechter Heilungschancen. Eine europaweite Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Freiburg untersucht nun, wie stark ältere Patienten mit dieser Form von Blutkrebs von einer neuen, weniger belastenden Therapie profitieren. Untersucht werden Heilungschancen, Nebenwirkungen und Lebensqualität. Insgesamt sollen 600 Patientinnen und Patienten an 70 Standorten in zehn Ländern Europas behandelt werden (11 deutsche Zentren). Federführender Koordinator ist Prof. Dr. Michael Lübbert, Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Justus Duyster). Die Studie läuft in Deutschland im April 2015 an. Patienten, die an einer Studienteilnahme interessiert sind, können sich am Universitätsklinikum Freiburg melden (Kontaktdaten siehe unten).

Die Akute Myeloische Leukämie (AML) wird meist bei Menschen über 60 Jahren diagnostiziert. Doch nur ein kleiner Teil dieser Patienten überlebt die Diagnose mehr als fünf Jahre, entweder weil die alleinige Standard-Chemotherapie nicht zur Heilung führt, oder weil sie wegen des schlechten Gesundheitszustands der Patienten gar nicht erst angewendet werden kann. Neue Forschungsansätze zur Verbesserung der Chemotherapie waren in den vergangenen Jahren zudem wenig erfolgreich, so dass die Blutstammzell-Transplantation immer noch die höchste Heilungsrate bei diesen Patienten erzielt (Leiter der Sektion Allogene Stammzelltransplantation der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg: Prof. Dr. Jürgen Finke).

Nun wird in einer europaweiten Studie untersucht, ob eine Behandlung mit dem epigenetisch aktiven Wirkstoff Decitabin erfolgreich ist. Dieser zerstört – im Gegensatz zu Medikamenten der herkömmlichen Chemotherapie – die Krebszellen nicht sofort, sondern beeinflusst primär, welche Gene in den Krebszellen abgelesen werden und verhindert so ihre krankhafte Vermehrung. „In früheren klinischen Studien haben wir bereits gesehen, dass durch Substanzen wie Decitabin die Leukämie erfolgreich zurückgedrängt werden kann, so dass danach eine Blutstammzell-Transplantation als Heilungsansatz möglich wird“, sagt Prof. Lübbert.

Neue Therapie: Normales Leben ohne Krankenhausaufenthalte?

„Für manche älteren Patienten kann eine intensive Chemo-Therapie gesundheitlich eine größere Belastung sein, als dass sie eine langfristige Hilfe im Kampf gegen den Krebs wäre“, erklärt Prof. Lübbert die Notwendigkeit einer weniger aggressiven Therapieform. Der epigenetisch aktive Wirkstoff Decitabin ist gerade für ältere Menschen wesentlich besser verträglich als die klassische Chemotherapie. „Unter der besser verträglichen Epi-Therapie können die Patienten oft ihr ganz normales Leben führen, ohne stationäre Krankenhausaufenthalte. Das ist für uns neben der Heilung ein ganz wichtiges Ziel“, so Prof. Lübbert.

In der nun anlaufenden klinischen Studie werden die Patienten zu Beginn entweder zehn Tage lang mit Decitabin oder mit der Standard-Chemotherapie behandelt. Im Anschluss soll eine Stammzelltransplantation durchgeführt werden. Sollte dies nicht möglich sein, erhalten die Patienten entweder weiterhin Decitabin oder drei weitere Chemotherapie-Kurse. „Wir sind zuversichtlich, mit dieser Studie eine Therapie-Sequenz etablieren zu können, die der klassischen intensiven Chemotherapie bei älteren AML-Patienten gleichwertig oder vielleicht sogar überlegen ist“, sagt Prof. Lübbert.

Die Studie EORTC 1301 (EudraCT-Nummer 2014-001486-27) wird von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC, Brüssel) in Zusammenarbeit mit mehreren anderen europäischen Studiengruppen organisiert und voraussichtlich bis Mitte 2019 laufen. Die wissenschaftliche Projektleitung haben Forscher der Universitäten Freiburg, Nijmegen, Den Haag und Rom inne.

Die EORTC (Brüssel, Belgien) vereint ein Netzwerk von mehr als 2.500 klinischen Onkologie-Experten der unterschiedlichsten Fachrichtungen aus über 30 europäischen Ländern in internationalen Kollaborationen. Die Organisation ermöglicht eine integrative Entwicklung und Beforschung von Wirkstoffen im Rahmen großer klinischer Studien.

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...