Donnerstag, März 28, 2024

Autismus-Spektrum-Störungen beeinträchtigen das Sozialverhalten

Autismus-Spektrum-Störungen beeinträchtigen das Sozialverhalten und führen zu begrenzten, sich wiederholenden und stereotypen Verhaltensweisen.

Unter dem Strich umfassen Autismus-Spektrum-Störungen eine Gruppe von neuronalen Entwicklungsstörungen mit Beeinträchtigungen der emotionalen Entwicklung und dem Sozialverhalten. Dabei spielt die psychiatrische Differenzialdiagnose eine wichtige Rolle für die Behandler.

Die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung wird in den letzten Jahren immer häufiger gestellt. Wobei der steigende Bekanntheitsgrad der Krankheit hauptverantwortlich dafür zu sein scheint. Denn heute betrachten Eltern die Entwicklungsstörungen ihrer Kinder wesentlich kritischer betrachten, als das früher der Fall war.

Diese Entwicklung unterstützten auch einschlägige Medienberichte sowie zahlreiche  Verfilmungen. Berühmt dazu war beispielsweise der Film RAIN MAN mit Dustin Hofmann Ende der 1980-er Jahre, der damals noch eine Ausnahme und Vorreiter war. Wobei seit damals zahlreiche Verfilmungen das Thema behandeln.

Weiter wurden Diagnostik und Klassifikationssysteme in der Psychiatrie verbessert beziehungsweise modifiziert. Was ebenfalls eine gestiegene Häufigkeit bei Diagnosen begünstigte. Allen voran ist das die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation (WHO), kurz ICD. Weiter gehört dazu auch die US-DSM von der American Psychiatric Association.

Ein quantitatives Maß zur Charakterisierung der Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung ist übrigens der Social Responsiveness Scale-2 (SRS-2).

 

Autismus-Spektrum-Störungen

Der Schweizer Psychologe Eugen Bleuler (gelebt von 1857 bis1939) hat die Bezeichnung Autismus als erster Wissenschaftler verwendet, und er beschrieb damit damals Menschen mit Schizophrenie, bei denen er ein gestörtes Sozialverhalten registrieren musste. Und zwar waren das die Menschen mit geringen kommunikativen Fähigkeiten. Bis hin zur sozialen Isolation und Flucht in eine eigene Welt.

Heute weiß man, dass Autismus-Spektrum-Störungen tiefgreifende Entwicklungsstörungen sind. Diese manifestieren sich bereits in der frühen Kindheit und beeinträchtigen die Betroffenen lebenslang. Die aktuellen Prävalenzraten liegen bei 1 von 110, wobei Männer 3- bis 4-mal häufiger betroffen sind.

Eines der Hauptmerkmale der Autismus-Spektrum-Störungen ist das gestörte Sozialverhalten in Form einer beeinträchtigten sozialen Interaktionsfähigkeit. Das gesamte Spektrum der Beeinträchtigungen scheint allerdings bis zum heutigen Tag nicht vollständig erkannt zu sein.

Dazu zählen eben Defizite im sozial-emotionalen Verhalten, in der nonverbalen Kommunikation und im Aufbau und der Pflege von Beziehungen. Es werden aber auch Störungen wie ADHS den Autismus-Spektrum-Störungen zugeordnet.

Weiter zählt die Forschung zu den Autismus-Spektrum-Störungen motorische Beeinträchtigungen, das einnehmende Fokussieren auf ein bestimmtes Themengebiet sowie sensorische Überforderung der betroffenen Personen.



 

Sinnvolle Übergänge: Verbesserung der Rolle von Therapeuten in der Übergangsplanung für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

Eine wichtige Rolle nehmen SprachtherapeutInnen oder LogopädInnen ein. Denn Sprachdienste sind eine der häufigsten speziellen Pädagogikdienste, die Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen erhalten.

Die SprachtherapeutInnen müssen hierbei mit der Übergangsplanung vertraut sein, um Studenten mit Autismus-Spektrum-Störungen und ihre Familien bei der Vorbereitung auf ihre Zukunft zu unterstützen.

Die Wertschätzung und das Bewusstsein für relevante Bewertungen, funktionale Ziele und Faktoren, die mit erfolgreichen sekundären Ergebnissen verbunden sind, sind wesentliche Kompetenzen, die SprachtherapeutInnen bei der Planung des Übergangsprozesses benötigen.

SprachtherapeutInnen sind hier oft ideale Partner für die persönliche Entwicklung der betroffenen jungen Menschen. Sie unterstützen das Erreichen erforderlicher Fähigkeiten in Bezug auf Unabhängigkeit, Kommunikation und Interaktion.

Hierzu fordern Experten aber auch einen stärkeren Fokus auf eine qualitativ hochwertigere Übergangsplanung, die ein hohes Maß an Wissen und Kompetenzen im Übergangsplanungsprozess bei Therapeutinnen erfordern.

 

Fehlfunktion der Synapsen von Nervenzellen im Belohnungssystem

Schon länger werden genetische Ursachen vermutet, die sich auf Gehirnentwicklung und Gehirnfunktion auswirken. In einer aktuellen Studie untersuchten Forscher der Universitäten Basel und Genf, ob eine Fehlfunktion der Synapsen von Nervenzellen – den Verknüpfungen, mit denen die Neuronen miteinander kommunizieren – im Belohnungssystem zu Autismus-Spektrum-Störungen führen könnten. Das Belohnungssystem ist wichtiger Schaltkreis im Gehirn, der notwendige Motivation auslöst und so bestimmte Verhaltensweisen verstärkt.

Es konnte bereits früher in verschiedenen Studien nachgewiesen werden, dass eine Funktionsstörung des Systems die Ursache für Veränderungen im Sozialverhalten sein könnte, die bei Autismus-Spektrum-Störungen typisch sind. Im Blickpunkt stehen defekte Nervenzellen, die normalerweise für ein funktionierendes Belohnungssystem maßgeblich sind.



 

Neuroligin 3 im Mausmodell untersucht

Die Schweizer Wissenschaftler wollten nun im Mausmodell für sozialen Interaktionen wichtige dopaminerge Nervenzellen identifizieren, um herausfinden, ob sich ein beeinträchtigtes Sozialverhalten bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen durch neuronale Veränderungen erklären lässt.

Dazu imitierten die Forscher eine bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen vorkommende Genmutation, indem sie bei Mäusen das Gen Neuroligin 3 ausschalteten beziehungsweise den Aktivitätsgrad von Neuroligin 3 in diesen dopaminergen Neuronen sehr stark verringerten. Dementsprechend veränderte Mäuse zeigten im Gegensatz zu gesunden mangelndes Interesse an Neuem und eine geringe Motivation für soziale Interaktionen. Beides treten oft auch im Zusammenhang mit Autismus-Spektrum-Störungen auf.

 

Fähigkeit der Synapsen, sich zu verändern und anzupassen, analysiert

Ein verändertes Sozialverhalten beziehungsweise soziale Interaktionen führt auch zu Veränderungen an den Synapsen zur Aufrechterhaltung von Interesse und sozialem Kontakt. Neuroligin-3-Mangel beeinträchtigte als sozial definierte Synapsen, sodass die Reaktion auf einen neuen Reiz geringer ausfiel. Zu ähnlichem Defizit kam es bei Mutation im Shank 3-Gen, das ebenfalls bei Autismus-Spektrum-Störungen eine wichtige Rolle spielt.

Heute sind über 100 verschiedene Gene bekannt, die mit autistischen Symptomen in Zusammenhang stehen. Viele von ihnen sind sehr wichtig für die Funktion der Synapsen, was mit einem gestörten Sozialverhalten bei Autismus-Spektrum-Störungen assoziiert ist.

Da Autismus ein breites Spektrum an Symptomen zeigt, sind unterschiedliche Behandlungsmethoden notwendig. Dazu müssen Funktionsstörungen bestimmter neuronaler Schaltkreise und deren genetischer Hintergrund weiter analysiert werden.




Literatur:

Perryman T, Ricks L, Cash-Baskett L. Meaningful Transitions: Enhancing Clinician Roles in Transition Planning for Adolescents With Autism Spectrum Disorders. [Published online ahead of print, 2020 Jun 25.] Lang Speech Hear Serv Sch. 2020;1-15. doi:10.1044/2020_LSHSS-19-00048

Lord C, Elsabbagh M, Baird G, Veenstra-Vanderweele J. Autism spectrum disorder. Lancet. 2018;392(10146):508‐520. doi:10.1016/S0140-6736(18)31129-2

Thom RP, Keary CJ, Kramer G, Nowinski LA, McDougle CJ. Psychiatric Assessment of Social Impairment Across the Lifespan. Harv Rev Psychiatry. 2020;28(3):159‐178. doi:10.1097/HRP.0000000000000257

Gergoudis K, Weinberg A, Templin J, et al. Psychometric Study of the Social Responsiveness Scale in Phelan-McDermid Syndrome [published online ahead of print, 2020 May 14]. Autism Res. 2020;10.1002/aur.2299. doi:10.1002/aur.2299

Sebastiano Bariselli, Hanna Hörnberg, Clément Prévost-Solié, Stefano Musardo, Laetitia Hatstatt-Burkle, Peter Scheiffele, Camilla Bellone. ​​​​​​Role of VTA dopamine neurons and Neuroligin3 in sociability traits related to non-familiar conspecific interaction. Nature Communications (2018), doi: 10.1038/s41467-018-05382-3

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