Dienstag, April 16, 2024

Artemisinin-Resistenz bei Malaria-Parasiten

Um seine toxische Wirkung entfalten zu können, muss Artemisinin nach Aufnahme in die Zelle des Malaria-Parasiten aktiviert werden.

Die Arteminisin-Resistenz ist eine sehr feinsinnige Balance zwischen Nahrungsaufnahme und Artemisinin-Aktivierung, bei der Malaria-Parasit trotz verringerter Hämoglobinaufnahme noch genügend Nahrung zu sich nehmen muss, um zu überleben. Die Arbeitsgruppe um Tobias Spielmann am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) hat nun den Mechanismus identifiziert, der für die Resistenz gegen das zurzeit wichtigste Malariamedikament Artemisinin verantwortlich ist. Dabei spielt das Parasitenprotein Kelch13 eine Schlüsselrolle. Die Ergebnisse, die die Hamburger Gruppe zusammen mit Kooperationspartnern von der Radboud Universität in Nijmegen aus den Niederlanden erzielt haben, wurden nun in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht (Birnbaum & Scharf et al. 2020).



 

Malaria tropica durch Plasmodium falciparum

Plasmodium falciparum, der Erreger der Malaria tropica, ist mit jährlich über 200 Millionen Neuinfektionen und mit über 400.000 Todesfällen einer der bedeutendsten Infektionserreger des Menschen. Um die Malaria zu behandeln, werden in erster Linie Kombinationspräparate eingesetzt, die den Wirkstoff Artemisinin enthalten.

Allerdings ist der Erfolg dieser Behandlung durch Resistenzen des Erregers zunehmend bedroht. Frühere Beobachtungen hatten gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen Veränderungen (Mutationen) im Protein „Kelch13“ des Malariaparasiten und dem Auftreten von Artemisinin-Resistenzen besteht. Es war jedoch bislang unklar, welche Funktion Kelch13 in der Parasitenzelle ausübt und wie Kelch13-Mutationen Resistenz verursachen.

Malariaparasiten vermehren sich in roten Blutzellen und ernähren sich durch Aufnahme und Verdau des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Mit Hilfe umfangreicher zellbiologischer Untersuchungen und unter Verwendung aufwendig hergestellter, gentechnisch veränderter Parasiten konnte die Arbeitsgruppe um Spielmann jetzt zeigen, dass Kelch13 mit anderen Proteinen zusammenwirkt, die für die Aufnahme des Hämoglobins in die Parasitenzelle verantwortlich sind.

„Erst die Identifikation von Kelch13-Partnerproteinen hat uns den entscheidenden Hinweis gegeben, welche Funktion Kelch13 in der Parasitenzelle ausüben könnte“, beschreibt Spielmann die Arbeit seiner Gruppe. „Die gezielte Inaktivierung von Kelch13 bestätigte diese Vermutung und führte in der Tat zu einer verminderten Hämoglobin-Aufnahme.“

 

Weniger ist mehr: Kelch-Mutanten im Vorteil bei Artemisinineinsatz

Um seine toxische Wirkung entfalten zu können, muss Artemisinin nach Aufnahme in die Parasitenzelle aktiviert werden. Der Malariaparasit nimmt Hämoglobin auf, verdaut die Nahrung und produziert dabei Hämoglobinaubbauprodukte. Diese Abbauprodukte aktivieren in der Malariazelle den Wirkstoff Artemisinin; der Parasit stirbt.

In weiteren Experimenten, zeigten die Hamburger Wissenschaftler*innen und ihre Kollaborationspartner, dass die bekannten Kelch13-Mutationen die Hämoglobinaufnahme in die Parasitenzelle vermindern. Dadurch entstehen weniger Hämoglobinabbauprodukte und Artemisinin wird nicht mehr ausreichend aktiviert, um den Parasiten abtöten zu können.

„Eigentlich handelt es sich bei der Arteminisin-Resistenz um eine sehr feinsinnige Balance zwischen Nahrungsaufnahme und Artemisinin-Aktivierung“, fasst Spielmann die Ergebnisse zusammen. „Zum einen muss der Parasit trotz verringerter Hämoglobinaufnahme noch genügend Nahrung zu sich nehmen, um zu überleben. Zum anderen darf er gerade nur so viel Hämoglobin aufnehmen, dass Artemisinin nicht mehr ausreichend aktiviert wird“, erklärt der Gruppenleiter. Die Erkenntnisse könnten helfen, verbesserte Malariamedikamente zu entwickeln, um der zunehmenden Artemisinin-Resistenz zu begegnen.




Literatur:

Birnbaum & Scharf et al. A Kelch13-defined endocytosis pathway mediates artemisinin resistance in malaria parasites. Science 03 Jan 2020:Vol. 367, 6473: 51-59. DOI: 10.1126/science.aax4735


Quelle: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

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