Freitag, April 19, 2024

Armut macht krank: gesundheitliche Ungleichheit in der Gesellschaft

Trotz sehr gut ­ausgebautes Gesundheitssysteme im deutschsprachigen Raum gilt auch bei uns nach wie vor der Satz: Armut macht krank.

Armut macht krank. Personen mit einem niedrigen ­sozioökonomischen Status leben ungesünder, erkranken häufiger und sterben früher. Die sozialen Unterschiede in der Krankheitslast und der Lebenserwartung spiegeln vor allem den unterschiedlichen Lebensstil und die unterschiedlichen Lebensbedingungen – wie bei Arbeit und Wohnen wider. Das galt mehr denn je in der Corona-Pandemie.

Aber auch prophylaktische medizinische Leistungen wie Impfungen und Gesunden- beziehungsweise Vorsorgeuntersuchungen werden von sozial benachteiligten Menschen weniger in Anspruch genommen. Besonders betroffen von der gesundheitlichen Ungleichheit sind alleinstehende Pensionisten, kinderreiche Haushalte, Alleinerzieher, Migranten und Bezieher von Sozialleistungen.

 

Armut macht krank durch ungünstigeren Lebensstil

Seit vielen Jahren werden von Experten die Ursachen analysiert und Strategien zur Schaffung gesundheitlicher Chancengleichheit diskutiert. Hier besteht die Ansicht, dass die Verringerung sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit zu den vorrangigen gesundheitspolitischen Aufgaben zählt. Um Erfolg zu haben, ist es wichtig, dass sich Aktivitäten nicht auf den Gesundheitsbereich beschränken, sondern auch andere Politikbereiche mit einschließen.

Bei den wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung von Krankheiten zeigen sich deutliche statusbedingte Unterschiede. Wobei im Grunde genommen auch viele höher gebildete Menschen Nachholbedarf in Sachen gesunder Lebensstil haben.

  • So zeigen statistische Daten, dass mehr als die Hälfte der Frauen mit Pflichtschulabschluss übergewichtig bzw. adipös sind, unter Hochschulabsolventinnen sind es deutlich weniger – etwas mehr als ein Viertel. Bei den Männern ist der Unterschied weniger ausgeprägt.
  • Auch bei der Bewegung in der Freizeit zeigt sich ein ähnliches Bild: Unter weiblichen Pflichtschulabsolventen ist nur jede Fünfte einmal pro Woche körperlich aktiv, bei den weiblichen Hochschulabsolventen etwa jede Dritte, bei den Männer steht es 26 zu 34 %.
  • Der Anteil der Raucher ist unter Pflichtschulabsolventen mit 28 % deutlich höher als unter Universitätsabsolventen (18 %). Bei den Frauen zeigen sich keine Unterschiede: jeweils 17 % rauchen.

 

Höhere Krankheitslast

Auch beim Gesundheitszustand zeigen sich signifikante Unterschiede. Fast 10 % der Pflichtschulabsolventen haben nach eigenen Angaben einen schlechten Gesundheitszustand, unter Universitätsabsolventen sind es nur 1 %. Nicht einmal ein Drittel der Pflichtschulabsolventen haben keine gesundheitlichen Beschwerden, bei den Hochschulabsolventen sind es um die 40 %.

Auch sind im Vergleich zu Universitätsabsolventen doppelt so viele Pflichtschulabsolventen (20 %) chronisch krank. Nicht verwunderlich, dass 81,7 % der Pflichtschulabsolventen mindestens einmal im Jahr einen praktischen Arzt aufsuchen, während es bei Hochschulabsolventen nur 72,7 % sind.

 

Sozial benachteiligte Männer

Der ungünstigere Lebensstil und die höhere Zahl chronischer Erkrankungen findet in der Lebenserwartung beispielsweise bei Männern Niederschlag. Ein heute 35-jähriger Akademiker kann ein durchschnittliches Sterbealter von 83,9 Jahren erwarten. Ein gleichaltriger Pflichtschulabsolvent dagegen eines von nur 76,9 Jahren. Bei Frauen sind die Unterschiede etwas geringer.

Übrigens ist Bildung der Schlüssel zu höheren Einkommen und damit besseren Chancen auf Gesundheit. Deshalb sind für die OECD die Erkenntnisse, dass „Kinder aus besserem Haus“ besseren Zugang zu höherer Bildung haben, alarmierend. Denn damit setzt man die Ungleichheit weiter fort. Die Bildungspolitik sollte danach streben, allen Kindern die gleichen Chancen auf Bildung zu ermöglichen.


Quellen:

OECD – http://www.oecd.org/els/health-systems/health-statistics.htm

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