Samstag, April 20, 2024

Ältere gegen Jüngere

Ältere treffen trotz geringerer geistiger Beweglichkeit gewisse Entscheidungen gleich gut wie Jüngere, wenn die Anzahl an Optionen begrenzt ist.

Ältere Menschen haben in gewisser Hinsicht gleichwertige kognitiven Fähigkeiten wie jüngere: sie treffen trotz geringerer geistiger Beweglichkeit gewisse Entscheidungen gleich gut wie Jüngere, wenn die Anzahl an Optionen begrenzt ist. Nur wenn die Auswahl gross ist, macht sich der Altersunterschied bemerkbar.

Wichtige Entscheidungen in Politik und Wirtschaft, die weitreichende Folgen für die Gesellschaft haben, werden häufig von älteren Menschen getroffen. So beträgt das durchschnittliche Alter der weltweit einflussreichsten Personen gemäss Forbes-Ranking von 2013 61 Jahre. Als Folge des demografischen Wandels wird sich die Entwicklung zu älteren Entscheidungsträgern und -trägerinnen in den kommenden Jahren noch verstärken.

Der menschliche Alterungsprozess geht mit einem deutlichen Rückgang der sogenannten fluiden kognitiven Fähigkeiten einher – etwa mit reduziertem Arbeitsgedächtnis und langsamerer Verarbeitung. Da stellt sich die Frage, wie gut Ältere im Vergleich zu jüngeren Menschen entscheiden. Gerade bei «erfahrungsbasierten» Entscheidungen – wenn nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen und man erst durch Informationssuche über mögliche Folgen und Risiken einer Entscheidung lernen muss – könnte man annehmen, dass die fluiden kognitiven Fähigkeiten von Bedeutung sind – dass also ältere Erwachsene schlechter abschneiden.

Ältere und Jüngere wählten zwischen Lotterien

Psychologen der Universität Basel und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin haben in drei Studien jüngere (Durchschnittsalter: 24 Jahre) und ältere Erwachsene (71 Jahre) «erfahrungsbasierte» Entscheidungen zwischen verschiedenen Lotterien treffen lassen. Dabei hatten die Teilnehmer an einem Labor-Computer (Studie 1) beziehungsweise zu Hause auf einem iPad (Studie 2) wiederholt die Wahl zwischen zwei Optionen, die nur durch Boxen auf dem Bildschirm dargestellt waren.

Vor den Entscheidungen konnten die Teilnehmer beliebig oft auf die Boxen klicken, wobei für kurze Zeit ein möglicher Gewinn oder Verlust angezeigt wurde. So konnten die Teilnehmer lernen, welche Option längerfristig besser war, also den höheren Gewinn oder den niedrigeren Verlust versprach. Das erstaunliche Resultat: Wenn es zwischen zwei Lotterien zu entscheiden galt, betrieben ältere Erwachsene etwa gleich viel Aufwand bei der Informationssuche wie jüngere; sie wählten die vorteilhafterer Option gleich oft wie Jüngere.

Lernstrategien «einfach, aber erfolgreich»

Die Psychologen analysierten darauf die Lernprozesse der Studienteilnehmer mit Computersimulationen und fanden einen möglichen Grund für das Resultat: «Sowohl jüngere als auch ältere Erwachsene wendeten relativ einfache, aber erfolgreiche Lernstrategien an», erläuterte Erstautor Dr. Renato Frey die Ergebnisse. Diese werden durch reduzierte fluide kognitive Fähigkeiten nicht allzu sehr beeinträchtigt. Erst in der Studie, in der die Teilnehmer nicht mehr zwischen zwei, sondern zwischen vier oder gar acht Lotterien zu wählen hatten (Studie 3), zeigte sich ein Rückgang in der Leistung der älteren Erwachsenen – vor allem beim Aufwand bei der Informationssuche.

Literatur

Frey, R., Mata, R., & Hertwig, R. (2015). The role of cognitive abilities in decisions from experience: Age differences emerge as a function of choice set size. Cognition, 142, 60-80. doi:10.1016/j.cognition.2015.05.004

http://www.researchgate.net/publication/277253583_The_role_of_cognitive_abilities_in_decisions_from_experience_Age_differences_emerge_as_a_function_of_choice_set_size

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